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Ein Schuss vor den Bug des Europameisters

Griechenland unter Schock: FIFA warnt Regierung

Athen/Berlin (dpa). Auf den Tag genau zwei Jahre nach dem EM-Triumph in Portugal hat der drohende Ausschluss aus dem Fußballweltverband (FIFA) Griechenland in einen Schockzustand versetzt. »Wenn sich keine Änderungen abzeichnen, werden die griechischen Mannschaften und Schiedsrichter mit einem Bann belegt«, stellte FIFA-Präsident Joseph Blatter noch einmal klar.

Tags zuvor hatte die FIFA den griechischen Fußballverband (HFF) wegen unerlaubter Einflussnahme politischer Entscheidungsträger in Verbandsangelegenheiten bis auf weiteres suspendiert. »Es ist ein Schuss vor den Bug«, betonte Blatter. »Die Suspendierung ist ein Warnsignal an die griechische Regierung.«
Neben Griechenland hatten auch Polen und Portugal eine FIFA- Warnung erhalten, die Unabhängigkeit der Verbände gesetzlich zu garantieren. »In Griechenland ist es seitdem schlimmer geworden«, sagte Blatter. Die Warnung a sei im September 2005 ausgesprochen worden, man habe aber eine Bewährungsfrist bis zum 15. Juli gewährt. »Bis dahin sollten sie ihr Haus in Ordnung bringen.«
Während jedoch Portugal und Polen auf einem guten Weg zu einer Lösung seien, sei es in Griechenland nicht vorangegangen. Die FIFA fordert vor allem eine Autonomie der Fußball-Ligen, der Schiedsrichter und des Disziplinarwesens.
Das FIFA-Dringlichkeitskomitee verfügte jetzt die Suspendierung, um vor den Parlamentssitzungen in Griechenland ein Warnzeichen zu setzen. Die Frist 15. Juli wurde nicht zuletzt deswegen gewählt, weil die Länder bis zum 19./20. Juli ihre Clubmannschaften für die internationalen Wettbewerbe wie Champions League und UEFA-Cup melden müssen. Außer mit dem FIFA-Ausschluss drohte Blatter auch damit, alle finanziellen Zuwendungen an den HFF einzustellen und jeden Kontakt zu anderen Mitgliedsverbänden zu untersagen.
Durch die drastische Maßnahme droht dem von Otto Rehhagel trainierten Titelverteidiger das Aus für die Qualifikation zur EM 2008. »Wir haben die Vorbereitungen für die Duelle gegen unsre Gegner Ungarn, Norwegen, Türkei, Moldawien, Malta und Bosnien-Herzegowina schon sehr weit vorangetrieben. Wir werden auch spielen. Das darf uns die Politik nicht zerstören«, sagte Rehhagel. Zugleich räumte er ein: »Ich drehe keineswegs am Rad. Über den Streit zwischen unserem Verband und der griechischen Politik bin ich seit langem informiert. Ich bin ganz sicher, das Sportminister Giorgos Orfanos nachgeben muss.«
Das Fußballfachblatt »Protathlitis« kommentierte schlicht: »Schande«. Für viele stehen die Verantwortlichen fest: der konservative Sportminister Giorgos Orfanos und der den oppositionellen Sozialisten nahestehende HFF-Präsident, Wassilis Gagatsis. Zwischen den beiden schwelt bereits seit Monaten ein Streit. Orfanos versuchte, Gagatsis durch eine Gesetzänderung abzusetzen. Zudem drohte er, der HFF solle keine staatlichen Gelder mehr bekommen.

Artikel vom 05.07.2006