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Kliniken fürchten
um die Patienten

Streik trifft OWL angeblich hart

Von Dietmar Kemper
Herford (WB). Bei massiven Ärztestreiks kommt die Patientenversorgung im ländlichen Ostwestfalen »praktisch zum Erliegen«. Das haben gestern die Chefs der kommunalen Krankenhäuser in den Kreisen Minden-Lübbecke, Herford und Lippe behauptet.

Im Gegensatz zu den Unikliniken in Ballungszentren hätten die kommunalen Krankenhäuser keine Möglichkeit, Patienten zu verlegen, weil wie im Kreis Lippe kirchliche Häuser als Alternative komplett fehlen. »Sollen wir unsere Kranken nach Hannover oder Dortmund schicken?«, fragte Martin Eversmeyer, verantwortlich für das Klinikum Herford. Dort sind für Donnerstag mehrstündige Warnstreiks geplant.
Der Klinikverbund im Mühlenkreis (Häuser in Bad Oeynhausen, Lübbecke, Minden und Rahden) sowie das Klinikum Herford und das Klinikum Lippe mit Standorten in Detmold, Lemgo und Bad Salzuflen decken 90 Prozent der akuten Krankenhausversorgung ab und behandeln jährlich 142 000 Menschen in 4000 Betten. Sollten Ärzte länger streiken, müssten Operationen verschoben werden, sagte Eversmeyer. Krebskranke würden dafür aber wenig Verständnis zeigen.
Eine Übernahme der zwischen den Ländern und dem Marburger Bund ausgehandelten Vereinbarung für Ärzte an Universitätskliniken sei »finanziell nicht tragbar«, betonten der Geschäftsführer der Klinikum Lippe GmbH, Peter Schwarze, und der Vorstandsvorsitzende des Klinikverbundes im Mühlenkreis, Gerald Oestreich. Nach ihren Berechnungen würden in Lippe Mehrkosten von 1,7 Millionen Euro, im Mühlenkreis von 3,2 Millionen und in Herford Belastungen von 900 000 Euro entstehen. »Wir bekommen nicht das Geld, um Tarifabschlüsse zu refinanzieren«, beklagte Oestreich und verwies darauf, dass das Budget an die Einnahmen der Krankenkassen gekoppelt sei. Wegen deren schlechter Finanzlage sei der Haushalt der kommunalen Kliniken für 2006 um winzige 0,63 Prozent gestiegen. Weder Personal- noch Energiekosten ließen sich damit auffangen.
Ärzte seien keine Hungerleider, betonte Schwarze: Ein Assistenzarzt im dritten Berufsjahr verdiene bei einer Wochenarbeitszeit von 48 Stunden 4570 Euro brutto im Monat. Schwarze forderte den Marburger Bund auf, die Streiks abzublasen. Seite 4: Kommentar

Artikel vom 04.07.2006