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Ein sommerlich
leichter Hörgenuss

Zweites Konzert des 26. Bielefelder Orgelsommers

Von Uta Jostwerner
Bielefeld (WB). Zwar war Mozart ein ausgezeichneter Organist, der auf seinen zahlreichen Reisen jede Gelegenheit nutzte, auf berühmten Orgeln zu spielen. Gleichwohl ist die Anzahl genuiner Orgelwerke innerhalb seines kompositorischen Schaffens eher gering.

Möglicherweise liegt darin ein Grund, weshalb Orgelwerke des großen Salzburger Sohns eher selten den kirchenmusikalischen Programmzettel bestücken. Umso schöner, jetzt eine kleine Auswahl im Rahmen des 26. »Bielefelder Orgelsommers« in der Neustädter Marienkirche serviert zu bekommen. Geschmackvoll hatte Kantorin Ruth M. Seiler Werke von Mozart und dessen Zeitgenossen zu einem sommerlich leichten Orgelstrauß gebunden. Keine monumentalen, orgelbombastischen Klangtürme, sondern sonnig-lichte Gourmandisen, die sie mit manueller Geschmeidigkeit und agogischer Noblesse aromatisierte.
Die Eckfeiler bildeten mit »Intrada und Fuge in C-Dur KV 399« und »Andante F-Dur KV 616« zwei Hauptwerke des Salzburgers. KV 399 ist einem Suitenfragment entnommen und entstand aller Wahrscheinlichkeit nach im so genannten Wiener Fugenjahr (1782), als Mozart sich auf die Anregung Baron Gottfried van Swietens hin intensiv mit der Musik Bachs und Händels auseinandersetzte. Vor allem der Einfluss des letzteren ist der Intrada anzumerken, wobei Ruth M. Seiler bei aller gravitätischen Gewichtung es schaffte, tänzelnde Leichtfüßigkeit mit ins Spiel zu bringen. Während sie die Fuge ganz im Stile des norddeutschen Barock nahm.
KV 616 entstand in Mozarts Todesjahr und war eine Auftragsarbeit für den Wiener Hersteller von Wachsbildnissen und Besitzer eines panoptikumartigen Kunstkabinetts. Komponiert für »eine Walze in einer kleinen Orgel« greift das Stück in seiner wechselseitigen Durchdringung von Rondo- und Liedform einen volkstümlichen drehorgelähnlichen Ton auf. Seiler verwob all dies kunstvoll an der Klop-Truhenorgel mit dem Dekor des Rokokozierrats.
Dazwischen gab's so allerlei: Gewichtiges und heiteres Präludieren (KV 394, KV 312/401) sowie Werke von Carl Phlipp Emanuel Bach (»Fantasie und Fuge c-Moll« in bewegter Leicht- und Gegenläufigkeit), Ludwig van Beethoven (Werke für eine Orgelwalze mit Jahrmarktswing, Wiener Schmäh und Vogelgezwitscher) und Joseph Haydn (Sätze aus dem Flötenuhrstück in filigran verspieltem Volksliedton).
Das nächste Konzert der Reihe am Sonntag, 9. Juli, 18 Uhr, widmet sich den Orgelwerken von Schumann , Schostakowitsch und Liszt.

Artikel vom 04.07.2006