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Feuer, Wind und Nebel

Barockoper »Aeneas in Karthago« uraufgeführt

Von Ulf Mauder
Stuttgart (dpa). Einige Widrigkeiten musste die Barockoper »Aeneas in Karthago« überwinden. Doch das Riesenwerk von Martin Kraus (1756-1792) erlebte nach mehr als 200 Jahren an der Staatsoper eine glanzvolle Uraufführung.

Regisseur Peter Konwitschny, Experte für radikales Gefühlstheater, erkrankte, so dass Intendant Klaus Zehelein und sein Team einsprangen - und sich einige Buh-Rufe aus dem Parkett einfingen. Probleme gab es auch beim Personal, nicht nur wegen der vielen zu besetzenden Tenöre und Soprane: Der für den Titelpart vorgesehene Deon van der Walt wurde Ende 2005 erschossen. Ersatzbesetzung Dominik Wortig ließ diese Tragödie vergessen - und erntete prompt am Sonntagabend viel Publikumslob für sein Debüt an einem großen Opernhaus.
In der Rolle von Karthagos Königin Dido glänzte Martina Serafin mit unermüdlicher Stimmkraft. Serafin zeichnete zwischen den vielen Fanfaren und Märschen mit ihrem facettenreichen Sopran deutliche Konturen der liebenden und emanzipierten Frau, die auch bewunderte Herrscherin ist und sich immer weiter vom Götterglauben entfernt - bis hin zu einem selbstbewussten, aber tödlich endenden Atheismus.
Die Geschichte, die sich um das Werk rankt, hat mittlerweile einiges mehr zu bieten: Kraus starb früh an Schwindsucht, und sein Förderer, Schwedens theatervernarrter König Gustav III., erlag den Folgen eines Attentats. Solche Geschichten aus dem Leben kommen hier nicht vor. Auf der von Hans Joachim Schlieker gestalteten Bühne gibt es dennoch reichlich Action mit Feuer, Wind und Nebel: Altäre fallen, die Erde bebt, Tempel stürzen.
Stuttgart zeigt eine Aufführung mit glitzernden Götterfiguren in einer karnevalesken Kostümshow, mit Trojanern in Felduniformen und römischen Kriegern sowie einem schlicht gekleideten Volk (Kostüme: Okarina Peter, Timo Dentler).

Artikel vom 04.07.2006