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Unvergessliche
Jugendzeit neu
aufleben lassen

SVB-Kicker erinnern an Werner Faust

Von Peter Monke
Brackwede (WB). Es ist Nachkriegszeit, Mitte der 50er Jahre. Der Jugendabteilung der Spielvereinigung Brackwede (SVB) gehören etwa 150 Jugendliche an. Ein bunt zusammengewürfelter Haufen, in dem oft Cliquenwirtschaft die Mannschaftsaufstellung bestimmt. Die Talentförderung liegt brach, als vor 50 Jahren, am 1. Juli 1956, Werner Faust das Training der A- und B-Jugend übernimmt und in der Folgezeit die bis heute erfolgreichste Ära im Jugendfußball der SVB begründet.

Paul Weniger und Erich Brick gehörten zu den ersten Spielern, die der damals 29-jährige Faust unter seine Fittiche nahm. Sie erinnern sich noch genau an dessen Anfänge. »Der hat erstmal richtig aufgeräumt und die Hälfte der Jugendlichen nach Hause geschickt«, sagt Weniger, heute Managing Director bei der Firma MM Graphia Innovaprint in Ummeln. »Geht schwimmen oder Rad fahren«, habe er den weniger Talentierten geraten. »Aber spielt auf keinen Fall Fußball.«
Dieser radikale Kurswechsel - weg vom Breiten-, hin zum Leistungssport - stieß nicht bei allen Vereinsvertretern auf Wohlwollen. Viele von denen, die er wegschickte, beklagten Fausts kompromisslose Strenge. Wer in Brackwede Fußball spielen wolle, müsse auch die Möglichkeit dazu haben, hieß es. Der Trainer sei viel zu autoritär. Ein Urteil, das Fausts Spieler nur bedingt gelten lassen: »Natürlich war der Trainer autoritär, aber all jene, die mit ihm arbeiten durften, verlebten wunderschöne Jugendjahre«, sagt Jens Bartsch, der heute im Brackweder Bezirksamt arbeitet und es unter Faust bis zur Westfalen-Meisterschaft im Jahr 1963/64 brachte.
Ziel des Trainers sei gewesen, die Vorherrschaft der Bielefelder Clubs im Jugendfußball zu brechen. Dazu habe er bei seinen Spielern vor allem auf Ordnung und Disziplin gesetzt: »Bis zum 18. Lebensjahr durfte keiner von uns rauchen«, erzählt Brick. Vor wichtigen Spielen habe Faust abends die Kneipen kontrolliert. Außerdem sei stets darauf geachtet worden, dass die Sportkleidung heile, die Fußballschuhe geputzt waren. »Viele von uns hat diese Erziehung für ihr Leben geprägt - geschadet hat es keinem«, sagt Weniger.
Strenge spiegelt jedoch nur eine Seite des Trainers Faust wider. Wer diszipliniert war, dem hatte der Fußballlehrer umgekehrt auch jede Menge zu bieten. So rief er seine Spieler gerne zu Trainingslagern zusammen. Einmal im Jahr gab sich die nationale und internationale Elite im Jugendfußball bei einem Turnier über Ostern ein Stelldichein. Borussia Dortmund, Fortuna Düsseldorf, Preußen Münster - selbst Ajax Amsterdam mit dem damals jungen »König« Johan Cruyff gastierten zu dieser Zeit in Brackwede. Und nicht zuletzt durften die Jungkicker der SVB das eine oder andere Vorspiel vor Bundesliga- oder Europapokalpartien bestreiten - darunter waren Auftritte im Dortmunder Westfalenstadion oder im Hamburger Volksparkstadion vor dem Duell des HSV mit Real Madrid. »Das sind Erlebnisse, die vergisst man sein ganzes Leben nicht«, sagt Bartsch.
Die größte Stärke von Werner Faust sei jedoch dessen Taktikverständnis gewesen. »Der konnte genau erkennen, wo ein Spieler mit seinen Fähigkeiten am wertvollsten ist«, sagt Erich Brick. Zusätzlich sei er ein großer Motivator gewesen, der immer neue Wege gefunden habe, seine Spieler anzustacheln. Der Lohn waren etliche Kreismeisterschaften und Kreispokalsiege sowie die Ostwestfalen- und Westfalenmeisterschaft im Spieljahr 1963/64. Außerdem erhielt die erste Senioren-Mannschaft, die in der Verbandsliga, der damals höchsten Amateurklasse, spielte, regelmäßig Nachwuchs aus der eigenen Jugend.
Am 17. März 2004 starb Werner Faust im Alter von 77 Jahren. 50 Jahre nach dem Beginn seiner Trainerlaufbahn ist es vielen seiner ehemaligen Jugendspieler ein besonderes Anliegen, seine Verdienste mit einem großen Wiedersehen aller Spieler der ersten Stunde und der nachfolgenden Jahrgänge bis zur Westfalen-Meisterschaft 1963/64 sowie deren Betreuer Horst Seewöster, Dieter Sander, Klaus Honerlage und Dieter Hennig zu würdigen. Das Treffen soll am Freitag, 20. Oktober, von 19 Uhr an im Hotel Wiebracht in Brackwede stattfinden. Alle ehemaligen Jugendspieler werden gebeten, sich telefonisch mit Erich Brick (05222/ 34 47 35) oder Jens Bartsch (0521 /44 50 64 oder 0521 / 51 52 19) in Verbindung zu setzen.

Artikel vom 01.07.2006