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Klinsmann schätzt die
italienischen Freunde

Der wahre Klassiker unter den Fußballduellen

Von Friedrich-Wilhelm Kröger
Berlin (WB). Die Fußball-Beziehung zu Italien ist nicht so wie die zu Holland. Oder hat schon mal jemand im Stadion gehört: »Ohne Italien fahren wir zur WM?«

Den Holländern kann der Deutsche seine Gesänge auch leichter herüberschicken, da muss er sich nur kurz mal über die Grenze bücken. Aber von Italien trennen ihn entweder Österreich oder die Schweiz. Deshalb fällt der Austausch von Nettigkeiten schwerer.
Deutschland - Italien, das ist allerdings immer noch der wahre Klassiker unter all den Fußballduellen, und deswegen haben Sprüche Hochkonjunktur: »Na, auch schon den Urlaub storniert?«
Sogar der Sommersitz erlangt auf einmal Relevanz. Als bayerischer Staatsbürger mit Nähe zum Brenner steckt Philipp Lahm besonders in der Zwickmühle. »Natürlich sind wir mit der Familie öfter mal dort gewesen und haben Ferien gemacht«, legt Lahm lächelnd ein Bekenntnis ab. Auf Jugendturnieren hat er in Italien auch schon einige Male gekickt und dies führt zum Kern: »Zerrissen haben wir da nie viel.«
Er berührt damit den wunden Punkt deutscher Ball-Geschichte. Die abgezockten Azzuri sind oft ziemlich gemein zu den Deutschen gewesen und haben sie nur selten gewinnen lassen. Die Erfahrungswerte, auf die Michael Ballack zurückgreifen kann, sind ebenfalls alles andere als positiv. Der Spielführer gehörte zu jenen beklagenswerten Männern, die innerhalb von ein paar Tagen den Doppelschlag verpasst bekamen: 1:4 mit der DFB-Auswahl in Florenz, 1:4 mit dem FC Bayern in der Champions League beim AC Mailand. Das hatte sich so richtig gelohnt.
Als jemand, der jenseits der Alpen ein 2:8 kassierte, kann sich Ballack jetzt wohl schlecht hinstellen und den Sieg ausrufen. Die Gelegenheit ist günstig. Also schiebt er den Schwarzen Favoriten-Peter ganz clever den »Blauen« hinüber: »Alle Vorzeichen sprechen für Italien. Das ist wunderbar.« Zur logischen Schlussfolgerung ist es damit nur ein Kurzpass. »Eigentlich haben wir keine Chance«, trällert der Kapitän vergnügt. Auch der Bundestrainer ist belustigt von Ballacks feiner Italien-Ironie. Als ehemaliger Inter-Mailänder möchte Jürgen Klinsmann den geschätzten Freunden von früher jedoch lieber reinen Wein einschenken: »Italien ist die nächste Hürde, die wir nehmen wollen und auch nehmen werden.«
Dass der Gegner sich straffordernd in den »Fall Frings« eingemischt haben soll, kann des Bundestrainers besondere Beziehung zu dem Land und seinen Leuten nicht beeinträchtigen. Sie reicht bis nach Amerika. »Die Italiener haben eine gute Küche, sind lebensfroh und immer gut drauf«, sagt er. »Ich freue mich, dass auch in Los Angeles viele leben und ich immer einen guten Espresso bekomme.«
Hierzulande könnte es beim Halbfinal-Aus allerdings dazu kommen, das Lieblingsgericht zu streichen: »Nie wieder Pizza«.

Artikel vom 04.07.2006