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Israel nimmt Hanijas
Amtssitz ins Visier

Hamas-Chef verurteilt Israels »Politik des Dschungels«

Gaza (Reuters). Israel hat seine Militäroffensive im Gazastreifen am Wochenende verstärkt und erstmals den palästinensischen Ministerpräsidenten Ismail Hanija direkt ins Visier genommen.
Israelische Kampfhubschrauber feuerten eine Rakete auf das verwaiste Büro des radikal-islamischen Regierungschefs ab. Bei einer anschließenden Besichtigung seines beschädigten Amtssitzes warf Hanija Israel vor, die Krise zu verschlimmern. Israel hatte einen Angriff auf die Hamas-Regierung zuvor nicht ausgeschlossen.
Am Vortag war es im Gazastreifen zu den heftigsten Gefechten seit dem israelischen Einmarsch gekommen. Radikale Mitglieder der regierenden Moslem-Gruppe Hamas und israelische Soldaten lieferten sich im Süden des Palästinensergebiets erbitterte Kämpfe.
Die Vermittlungen um die Freilassung des israelischen Soldaten Gilad Schalit gerieten zudem ins Stocken. Die Entführung des 19-Jährigen vor einer Woche durch palästinensische Gruppen hatte zum Beginn der israelischen Offensive im äußeren Gazastreifen geführt.
Durch den Raketeneinschlag wurden Teile des Gebäudes, in dem sich Hanijas Büro befindet, beschädigt. »Nichts wird unseren Geist beeinflussen und nichts wird unsere Standhaftigkeit beeinflussen«, sagte Hanija vor seinem Amtssitz. Dies sei eine »Politik des Dschungels und der Arroganz«.
Der israelische Ministerpräsident Ehud Olmert erneuerte seine Drohungen gegen die Hamas-Führung und kündigte eine Fortsetzung der Militäroffensive an. »Wir werden jeden angreifen, der den Bürgern Israels schadet«, sagte Olmert. »Ich wiederhole - niemand wird verschont«.
Das israelische Militär hatte in den vergangenen Tagen bereits acht Minister und damit ein Drittel des Hamas-Kabinetts in Gewahrsam genommen. Eine angedrohte Bodenoffensive im Norden des Palästinensergebietes blieb vorerst aus. Sollte es doch noch dazu kommen, befürchten die Vereinten Nationen (UN), dass bis zu 25 000 Palästinenser aus ihren Häusern fliehen müssten. Angesichts einer sich abzeichnenden Versorgungskrise im Gazastreifen öffnete die israelische Regierung gestern einen wichtiger Grenzübergang für Lieferungen von Waren und lebensnotwendigen Gütern. Bei einem zweiten Angriff Israels auf Büros einer Extremistengruppe wurde ein Mitglied der Hamas getötet.
Die unter der Führung Ägyptens angesetzten Vermittlungsgespräche zur Freilassung des entführten Soldaten blieben ergebnislos. Israel lehnte den Forderungskatalog der palästinensischen Entführer umgehend ab. »Ministerpräsident Ehud Olmert hat wiederholt, dass es keine Geschäfte geben wird. Und dass Schalit entweder freigelassen wird oder wir handeln, um seine Freilassung zu erwirken«, sagte ein Sprecher des israelischen Außenministers.

Artikel vom 03.07.2006