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Totti spielt die Prinzen-Rolle

Super-Star sorgt für die genialen Momente - aufsteigende Tendenz

Dortmund (WB/klü). Einen Titel hat Francesco Totti (29) schon. Er ist der »Prinz« des italienischen Fußballs. Und die Wahrscheinlichkeit dürfte groß sein, dass sie ihm demnächst noch ein Denkmal setzen.

Wo? Natürlich in Rom. Im Stadio Olimpico. Denn das ist Tottis Spielplatz, hier ist er zu Hause. »Vom Vorstadt-Strizzi zum Hauptstadt-Helden«, so beschrieb das Magazin »Stern« seinen weiten Weg aus den Hinterhöfen auf die internationale Ball-Bühne. Die Römer lieben und verehren ihn, sie liegen ihm zu Füßen. Denn er hat ihnen ewige Treue geschworen.
Da können die reichen Klubs im hohen Norden Italiens noch so mit den Euro-Scheinen wedeln, Juve, Inter oder Milan, sie alle locken ihn vergeblich. Totti hat sich längst entschieden: »Ich habe meine Karriere bei AS Rom begonnen, hier werde ich sie auch beenden.«
Als er gerade 16 war, schloss er sich dem Traditionsclub an. Und seine Jugendtrainer erkannten sofort das große Talent: Hier war einer, der konnte alles. 2001 feierte Totti mit AS Rom seinen bisher größten Triumph: Er führte die Mannschaft zur Meisterschaft. Da hatte er es schon endgültig geschafft, wurde zur Fußball-Ikone.
Was sich natürlich auf sein Privatleben auswirkte: »Wenn ich mal gemütlich essen gehen will, muss ich mir schon eine Perücke und eine Sonnenbrille aufsetzen, sonst habe ich keine Ruhe.« Das bekannteste Fußball-Gesicht Italiens lächelt von Werbeplakaten, flimmert über Fernsehschirme, wird fast täglich in den Zeitungen abgedruckt. Totti total. Als er die TV-Moderation Ilary Blasi heiratete, wurde die Trauung zur Staatsaktion: Ein Sender übertrug live aus der Kirche.
»Si« hat Totti da gehaucht - und »Si« sagt Marcello Lippi auch zu Totti. Obwohl hinter dem WM-Einsatz des Stars nach seinem Knöchelbruch im Februar lange ein Fragezeichen gestanden hatte, für Italiens Nationaltrainer stand immer fest: »Wenn es eben geht, will ich ihn mit nach Deutschland nehmen. Ich brauche ihn.« Ferrari-Fahrer Totti, Gladiatoren-Tattoo am rechten Oberarm, siegte auch im Kampf um das Ticket.
Er ist zwar von seiner Bestform noch ein Stück entfernt, aber im Viertelfinale gegen die Ukraine hat Lippi Fortschritte erkannt: »Er wird immer stärker.« Nervenstark ist Totti sowieso. Das zeigte er im Achtelfinale. Eiskalt drosch er da den geschenkten Elfmeter gegen Australien in der Nachspielzeit zum 1:0 ins Netz. »Wenn Spiele auf der Kippe stehen«, weiß Lippi, »dann macht Totti den Unterschied aus. Er hat die Qualität, diese Partien mit einem Geniestreich allein zu entscheiden.«
Auch heute in Dortmund? Das wird sehr wahrscheinlich so ein enges Match. Ein tödlicher Pass, ein unhaltbarer Freistoß - Totti ist hier ein gefürchteter Spezialist. Und er freut sich schon auf das Halbfinale gegen Deutschland: »So ein Spiel ist ein Traum, der nur wenigen Fußballspielern vergönnt ist.«

Artikel vom 04.07.2006