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1958 bleibt die Ausnahme
Hart
am
Ball

Von Klaus Lükewille

Die Rechnung der Südamerikaner ging nicht auf: Brasiliens Künstler und Argentiniens Könner müssen die Koffer packen. Die WM ist zur EM geworden. Deutschland, Italien, Portugal und Frankreich, das sind die großen Vier. Kompliment an den, der dieses Halbfinalquartett schon vorher auf seinem Tippzettel hatte.
Denn dass die so stark eingeschätzten Südamerikaner frühzeitig scheitern sollten, damit war nicht zu rechnen. Aber sie haben sich verspekuliert, die Argentinier. Trainer José Pekerman entschied sich gegen Deutschland gleich für zwei Sicherheitswechsel - ein folgenschwerer Doppelfehler. Und sein Kollege Carlos Alberto Parreira hat sich ebenfalls verkalkuliert: Mit Cafu, Emerson und Roberto Carlos hielt er zu lange an seinen Alten fest. Deshalb auch sah Brasilien gegen Frankreich so alt aus.
Was aber kein Plädoyer für junge Spieler sein muss. Denn der Weltmeister von 1998 setzt ebenfalls auf bewährte Kräfte wie Zinédine Zidane, Fabien Barthez, Lilian Thuram, Patrick Viera und Claude Makelele - und hat damit großen Erfolg.
Alt oder jung, egal. Die Abstimmung in der Mannschaft muss passen. Beim Titelverteidiger aber herrschte kein prima Klima. Brasilien 2006 war ein Ensemble von Artisten, das nie eine Einheit wurde. Das Scheitern der südamerikanischen Fußballgroßmächte wird Konsequenzen haben. Pekerman hat sie schon freiwillig gezogen, Parreira dürfte auch bald frei sein.
Wie sein Landsmann Luiz Felipe Scolari, der seinen Marktwert stetig in die Höhe treibt. Dieser Trainer könnte einen historischen Doppeltriumph landen: 2002 Weltmeister mit Brasilien, 2006 Champion mit Portugal. In jedem Fall bleibt der Pokal in Europa.
Bisher hat erst einmal eine Mannschaft von einem anderen Kontinent die WM gewonnen. Brasilien holte den Pokal in Schweden - 1958. Ist schon lange her.

Artikel vom 03.07.2006