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Hinten Weltklasse, vorne Toni

Der deutsche Halbfinalgegner Italien im Porträt: kompakt und routiniert

Von Klaus Lükewille
Hamburg (WB). Eine Weltklasseabwehr, ein Dirigent, der immer besser wird - und ein Torjäger, der endlich trifft und gegen die Ukraine einen Doppelpack schaffte: Italien, Deutschlands Rivale im Halbfinale, stellt ein kompaktes und sehr routiniertes Team. Die Stammelf (mit Rückennummern) in der Einzelkritik:


1Gianlugi Buffon: Ein Vulkan zwischen den Pfosten. Fast schon fanatisch, wie er seine Vorderleute anfeuert und sich selbst hochpeitscht. Den Skandalverdacht hat er verarbeitet, wirkt bisher sehr nervenstark. Erstklassige Reaktionen auf der Linie. Auch bei hohen Bällen noch keine größeren Unsicherheiten. Nur ein Gegentor in fünf Spielen - das sagt alles über seine Klasse.

19Gianluca Zambrotta: Verteidigt seit vielen Jahren die rechte Seite. Ein Routinier, der alle Stürmertricks kennt. Schaltet sich allerdings nur höchst selten in Offensivaktionen ein, gegen die Ukraine aber sehr erfolgreich. Da stellte er mit dem 1:0 nach sechs Minuten die Zeichen früh auf Sieg.

5Fabio Cannavaro: Der Kapitän - und der Chef der starken Abwehr. Exzellent in den Zweikämpfen, dazu ein erstklassiges Stellungsspiel. Immer hundertprozentiger Einsatz. Hat schon 98 Länderspiele auf dem Konto. Das Finale von Berlin wäre für ihn die Nummer 100, da will er hin.

3Fabio Grosso: Stemmt sich auf der linken Seite den Stürmern entgegen. Der Sizilianer ist kopfballstark, hat aber im Zweikampf am Boden auf Grund seiner Größe Probleme. Achtung: Bei Offensivattacken leidet er unter extremer Fallsucht. So holte er den entscheidenden Elfmeter gegen Australien heraus.

13Alessandro Nesta: Chefcoach Marcello Lippi hofft, dass sein angeschlagenes Abwehrass rechtzeitig bis zum Anpfiff wieder fit wird. Fehlte in den letzten beiden Partien. Einer der weltbesten Innenverteidiger, seit der EM 2004 auf höchstem Niveau. Hat wegen seiner Schnelligkeit nur selten Fouls nötig. Wenn Nesta weiter ausfällt, könnte ihn Andrea Barzagli vertreten, der gegen die Ukraine eine ordentliche Vorstellung ablieferte.

16Mauro Camoranesi: Ist sofort zu erkennen: der Mann mit dem Pferdeschwanz und der Pferdelunge. Spielt die offensivere Rolle im rechten Mittelfeld. Technisch sehr stark, hat aber beim Torabschluss klare Schwächen.

8Gennaro Gattuso: Der Schrecken aller Spielmacher. Bissig, giftig, auch oft sehr unfair. In jedem Spiel für eine gelbe Karte gut. Der Bärtige vom AC Mailand kann manche Gegner allein mit seinen bösen Blicken beeindrucken.

20Simone Perrotta: Der Mittelfeldstaubsauger neben dem Haudrauf Gattuso. Eleganter, auch offensiver. Kommt über die linke Seite. Trainer Marcello Lippi schätzt seine Qualitäten sehr: Hat einen Blick für das Spiel. Äußerst zuverlässig, nie schlecht, immer mindestens Durchschnitt.

21Andrea Pirlo: Der heimliche Chef der Mannschaft. Ein leiser Mittelfeldantreiber, steht in der Hierarchie aber weit hinter Fabio Cannavaro und Francesco Totti. Das stört ihn nicht - im Gegenteil: So wird er vom Gegner oft unterschätzt und kann das Spiel ungestört lenken. Enormer Wirkungskreis. Links, rechts, oder durch die Mitte - ein Fall für Torsten Frings?

9Luca Toni: Der Torjäger aus Florenz war in den ersten Partien ein Problemfall. Es wurde viel von ihm erwartet, aber dann traf er nicht. Gegen Tschechien musste der Mann mit der Mittelstürmer-Nummer 9 sogar pausieren. Im Viertelfinale gegen die Ukraine einzige Spitze, und das funktionierte: zwei Treffer. Lauffreudig, sehr wuchtig. Wirkt aber etwas eckig in Zweikämpfen.

10Francesco Totti: Der Mann mit der 10. Italiens Fußballkönig. Nach langer Verletzungspause noch nicht wieder bei 100 Prozent, kann mit einem Pass aber eine Partie entscheiden. Freistoßexperte und sicherer Elfmeterschütze, wie gegen Australien in der Nachspielzeit.

Artikel vom 03.07.2006