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Aufträge für die Nähtechnik

Dürkopp Adler: Chinesisch zweite Sprache bei der Hauptversammlung

Von Bernhard Hertlein
Bielefeld (WB). Wirtschaftlich geht es mit der Dürkopp Adler AG wieder aufwärts. Erstmals seit vielen Jahren meldet auch die Nähtechnik steigende Auftragseingänge. Der neue chinesische Mehrheitseigentümer betonte gestern, die Kleinaktionäre nicht durch ein »Squeeze out« aus dem Unternehmen drängen zu wollen.

Bielefeld feierte gestern eine Premiere. Erstmals in der Geschichte deutscher Aktiengesellschaften wurde eine Hauptversammlung in weiten Teilen auf Chinesisch abgehalten. Eine gute Vorbereitung und exzellente Dolmetscher sorgten trotzdem für einen reibungslosen Ablauf.
Min Zhang, Vorsitzender der Geschäftsführung der chinesischen SGSB-Gruppe, ist seit 29. Juli 2005 Vorsitzender des Dürkopp Adler-Aufsichtsrates. Kurz vorher hatte die ShangGong Europe 89,4 Prozent der Aktien des Bielefelder Industrienähmaschinen-Herstellers vom bisherigen Großaktionär FAG Kugelfischer übernommen. Weitere fünf Prozent gehören »befreundeten Unternehmen aus dem chinesisch-deutschen Wirtschaftsumfeld«, hieß es gestern. Der Aufsichtsrat ist inzwischen -Êmit Ausnahme der beiden deutschen Arbeitnehmervertreter -Êrein chinesisch besetzt.
Im Amt geblieben ist der Vorstandsvorsitzende Werner Heer. Er berichtete über die Konzernbilanz 2005. Zwar ging der Umsatz noch einmal von 133,3 auf 128,6 Millionen Euro zurück. Doch konnte der kleinere Bereich der Fördertechnik schon wieder kräftig zulegen. Das Ergebnis vor Steuern, im Vorjahr mit 3,8 Millionen Euro noch tief in den roten Zahlen, verbesserte sich auf einen Gewinn von 900 000 Euro.
Eine Dividende lässt sich aus dieser Entwicklung noch nicht ableiten. Doch die Tendenz zeigt Heer zufolge auch 2006 nach oben. Mit 600 000 Euro war das Ergebnis auch in den ersten fünf Monaten dieses Jahres positiv. Der Konzernumsatz erhöhte sich um 3,1 auf 49,3 Millionen Euro. War dafür noch allein der positive Verlauf der Fördertechnik verantwortlich, so markierte beim Auftragseingang auch die Nähtechnik einen Sprung von 57,2 auf 66,9 Millionen Euro.
Die Zahl der Mitarbeiter ging 2005 weiter von 1841 auf 1772 zurück. Von ihnen sind 537 in Bielefeld, 736 bei der Tochter Minerva in Tschechien und 361 in Rumänien beschäftigt.
Der Anteil der chinesischen Mitarbeiter wird sich 2006 deutlich erhöhen. So stehen nach Aussage Heers eine Gemeinschaftsproduktion und eine gemeinschaftliche Vertriebstochter in Schanghai unmittelbar vorm Start. Ein anderes Joint Venture für die Herstellung von Spezialnähmaschinen in Dalian arbeitet bereits. Entsprechend den Bedürfnissen der weltgrößten Textilindustrie sollen in China einfache Maschinen hergestellt und verkauft werden.
Thomas Hechtfischer kritisierte als Sprecher der Deutschen Schutzgemeinschaft für Wertpapierbesitz vor allem die zweiseitige Liste von -Êzulässigen -ÊAusnahmen der geltenden Corporate Governance-Richtlinien. »Fast könnte man annehmen, die Kleinaktionäre seien bei Dürkopp Adler nicht mehr gern gesehen. Dies wurde von Heer dementiert. Auch wolle ShangGong die Miteigentümer keinesfalls im Rahmen eines Squeeze out aus der AG hinausdrängen. Zu den Ausnahmen, die sich Dürkopp Adler ausbedungen hat, gehört der Verzicht auf Internet-Veröffentlichungen sowie auf die individualisierte Bekanntgabe der Vorstandsgehälter.
Alfred Zubler, 22 Jahre an der Spitze von Kochs Adler und jetzt Aktionär des Unternehmens, meldete sich ebenfalls zu Wort. Er verwies darauf, dass der Umsatz im Bereich Nähtechnik in fünf Jahren von 150 auf 100 Millionen Euro zurückging. Das müsse sich ändern -Êauch mit Hilfe von Aufträgen aus China. Sonst sei jede weitere Sparmaßnahme umsonst.

Artikel vom 30.06.2006