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Krasnousolsk zeigt, was
Russlands Kurwesen kann

Konkurrenzlos günstig -Êwäre da nicht die teure Anreise ...

Von Thomas Albertsen
Krasnousolsk (WB). Wellness ist in Russland noch ein Fremdwort. Aber das staatliche sowjetische Kurwesen muss sich nach der Wende ebenso neu ausrichten wie die Heilbäder in Deutschland nach diversen Gesundheitsreformen.

Der Kurort Krasnousolsk, zwei Autostunden südlich von Ufa am Rande des Urals in der Republik Baschkirien gelegen, hat diesen Wandel überzeugend geschafft. Wo früher linientreue Arbeiter der Kombinate nach den Regeln des amtlichen Gesundheitswesens kuren durften, ist heute ein kommerziell ausgerichtetes Sanatorium entstanden, welches sich wahrlich sehen lassen kann. Dank der Investitionen reicher Energiekonzerne, die in Baschkirien Öl und Gas fördern, ist das Heilbad teilweise auf westliches Niveau angehoben worden. Sozialkuren sind daher nun die Ausnahme, in der Regel kommen Angehörige der kleinen russischen Mittel- und Oberschicht, die sich die 50 Euro pro Tag für Übernachtung mit Vollpension und Anwendungen leisten können.
Trotzdem sind die 500 Plätze des Sanatoriums in der Regel ausgebucht, vor allen Dingen in den Sommerferien. 22 Ärzte, 106 Therapeuten und 91 Schwestern kümmern sich um das Wohlergehen der Gäste. Orthopädie, Gynäkologie, Urologie und Dermatologie sind die wesentlichen medizinischen Fachrichtungen, doch auch Magenkranke und Diabetiker finden in Krasnousolsk ein entsprechendes Angebot. Heilwasser und Moor werden auf dem Gelände gewonnen und zu therapeutischen Zwecken eingesetzt. Die Behandlungsräume sind auf internationalem Niveau, zumeist mit westlichen Geräten ausgestattet. Auch der Name des Bad Wörishofener Pfarrers Sebastian Kneipp ist in Krasnousolsk ein Begriff -Êdie Kneippkur gehört zum festen Bestand der dort angebotenen Therapien.
Den größten kommerziellen Erfolg verbucht Krasnousolsk jedoch mit Schönheitsoperationen, für die eine kosmetisch-chirurgische Klinik erbaut wurde. Ob Brustvergrößerung, Lippen aufspritzen, Nasenverschönerung oder das Anlegen von Ohren -Êwas in der westlichen Bussi-Gesellschaft »in« ist, hat nun auch den russischen Jetset erreicht.
Die Freizeitmöglichkeiten vor Ort sind vielfältig. Billard, Bowling und Muckibude laden ein, es gibt Restaurants und Cafés -Êoder man geht im Wald spazieren.
Krasnousolsk wäre für preisbewusste deutsche Kurgäste sicherlich eine Alternative, wäre da nicht die teure Anreise per Lufthansa-Flug nach Ufa. Und noch empfiehlt es sich, zumindestens über Grundkenntnisse der russischen Sprache zu verfügen, da das Personal so gut wie keine Fremdsprachen beherrscht.
Ebenso wie die deutschen Heilbäder schielt man allerdings auich in Krasnousolsk auf den Wellness-Markt. Immerhin nutzen wohlhabende Bürger aus Ufa das Sanatorium bereits für verlängerte Wochenend-Aufenthalte, um sich Entspannung und ein paar Anwendungen zu gönnen.
Den Löwenanteil der Besucher machen indes auch heute noch Pilger aus. Denn auf dem Gelände des Sanatoriums befindet sich eine orthodoxe Kirche nebst Heiliger Quelle. Männer sieht man nur wenige in der Badeanlage, meist sind es Frauen in langen, wallenden Gewändern, die in die Becken steigen oder sich im Bach das Wasser über die Füße rinnen lassen. Inbrünstig beten und singen sie an einer Felsgrotte, in der zahlreiche Kerzen brennen und zu der Gläubige Ikonen tragen.
Das Forum Russische Kultur in Gütersloh plant für das Jahr 2008 einen mehrtägigen Aufenthalt in Ufa und Krasnousolsk.
www.krasnousolsk.ru05241 / 59577

Artikel vom 06.10.2006