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Schweini treibt Schweinepreise

Fußball-WM beschert den Landwirten und Westfleisch ein Sommerhoch

Von Bernhard Hertlein
Münster (WB). Schwein gehabt! Die Fußball-WM bringt Deutschlands Landwirten Glück. Noch nie seit 2002 und dem Abklingen der BSE-Krise waren die Schlachtpreise für Schweine so hoch wie in diesen Tagen. Nicht nur öffentliche Fernsehvorführungen, sondern auch gemeinsame Grillfeste »boomen« bei dem tollen Sommerwetter.

Eitel Freude herrschte deshalb bei der gestrigen Generalversammlung der Westfleisch eG in Münster. Nach negativen Schlagzeilen über »Gammelfleisch« und illegale Arbeitnehmer-Überlassungen waren die Vorstände des drittgrößten deutschen Fleischvermarkters froh, nur Positives berichten zu können. Selbst die Schweinepest scheint überwunden; sollten bis morgen, 30. Juni, keine neuen Infektionsfälle auftreten, können sämtliche Beschränkungen aufgehoben werden.
Durch die erstmalige ganzjährige Einbeziehung der früheren Barfuss GmbH in Oer-Erkenschwick stiegt die Zahl der geschlachteten Schweine 2005 um 17 Prozent auf 5,32 Millionen. Damit hat Westfleisch nach Angaben des geschäftsführenden Vorstands Dr. Bernd Cordes jetzt einen nationalen Marktanteil von 11,1 Prozent. Die Rinderschlachtungen gingen um 8,6 (Bundesdurchschnitt: 9,2) Prozent, Kälberschlachtungen um 11,9 (5,2) Prozent zurück.
Cordes und der ebenfalls geschäftsführende Vorstand Dr. Helfried Giesen betonten vor der Generalversammlung, dass der von den Discountern herrührende Kostendruck das Unternehmen weiter auf Sparkurs halten werde. Verkaufte Westfleisch vor wenigen Jahren noch überhaupt nicht an Discounter, so liegt der Anteil jetzt bei 20,1 Prozent. Das Exportgeschäft, in das die Münsteraner zunehmend drängen, sei nicht ohne Risiken. Im vergangenen Jahr waren in Russland zwei Forderungsausfälle im Gesamtvolumen von 585 000 Euro zu verkraften.
Um trotzdem profitabel zu arbeiten, setzt Westfleisch in seinen Schlacht- und Zerlegbetrieben zunehmend auch auf fremde Kolonnen und Zeitarbeitsfirmen. Dabei geriet das Unternehmen 2005, wie berichtet, in Coesfeld und im ostwestfälischen Lübbecke in Konflikt mit dem Gesetzgeber. Cordes räumte Fehler ein. Für eventuelle Nachforderungen von Sozialversicherungsbeiträgen seien Gelder zurückgestellt. Neue Mitarbeiter würden von der Tochterfirma Wenova Personalservice zu deutlich verringerten Löhnen eingestellt. Giesen zufolge sind in den ostwestfälischen Schlachtbetrieben Paderborn und Lübbecke noch etwa 260 von 580 bzw. 200 von 450 Arbeitern auf der direkten Gehaltsliste der Westfleisch eG.

Artikel vom 29.06.2006