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»Nationalpark wäre besser«

Wirtschaft ist Bio-Reservat zu wenig

Von Reinhard Brockmann
Bielefeld (WB). Die Wirtschaft in Ostwestfalen-Lippe lehnt ein Biosphärenreservat ab, hält einen Nationalpark Egge dagegen für besser zu vermarkten. NRW-Landwirtschaftsminister Eckhart Uhlenberg (CDU) nannte den Vorschlag verspätet: »Der Nationalpark ist erledigt.«
Landwirtschaftsminister Eckhart Uhlenberg (CDU)

Das Etikett »Biosphärenreservat« sei kaum bekannt und zu schwach, um Image-fördernde Effekte auszulösen teilten die Industrie- und Handelskammern gestern in Bielefeld und Detmold mit. Die touristische Idee, über eine Betonung landschaftlicher Qualitäten Gäste und Wertschöpfung zu gewinnen, wird grundsätzlich begrüßt. Ein »Nationalpark« könne dies allerdings viel besser erreichen.
Die Kammern verlangen, »dass die Senne in jeder Hinsicht Tabufläche bleibt, solange das Militär den Truppenübungsplatz nutzt«. Außerdem sei es falsch, die Debatte ausschließlich mit Blick auf zusätzliche Fördergelder zu führen.
Unklarer denn je ist damit das von Minister Uhlenberg bis zum Sommer gewünschte möglichst einheitliche Votum der Region. Zur Abstimmung in drei Kreistagen und zahlreichen Kommunen steht die Errichtung eines Reservats gemäß den Vorgaben der Unesco. Danach sollen 88 000 Hektar Wald und Ackerland zwischen Detmold und Warburg zusammengefasst, aber nicht unter noch höheren Schutz gestellt werden, wie ihn der Naturpark Eggegebirge/südlicher Teutoburger Wald heute schon genießt.
Der Kreis Paderborn hat sich gegen, der Kreis Lippe für das Projekt ausgesprochen. Die Lipper schlagen bei anhaltendem Widerstand auch der 750 betroffenen Landwirte eine kleine Lösung allein auf ihrem Gebiet vor.
Der Kreis Höxter, der zunächst rigoros ablehnte, hat jetzt Bedingungen für eine Zustimmung formuliert. Landrat Hubertus Backhaus will vertraglich sichergestellt haben, dass ein Nationalpark auch in der Zukunft ausgeschlossen bleibt. Auch Verschärfungen der Auflagen sollen später unmöglich bleiben. Der Verwaltung sollen nicht hoheitliche Aufgaben übertragen werden. Landwirtschaftliche Flächen - vorgeschlagen sind 42 000 Hektar - sollen nur einbezogen werden, wenn die Eigentümer zustimmen.
Zu der sich auseinander entwickelnden Diskussionslage in Ostwestfalen sagte Uhlenberg dieser Zeitung: »Man kann das Thema nicht so angehen, wie einige Kreise sich das gerade vorstellen.« Vorgaben aus dem Bundesnaturschutzgesetz seien zu beachten. »Wir gehen da ganz unvoreingenommen ran«, sagte der Minister. Auch eine Nulllösung, das Festhalten am gegenwärtigen Zustand, wird nicht ausgeschlossen. Uhlenberg: »Wir werden im Herbst entscheiden und dann ist das Thema so oder so beendet.«

Artikel vom 29.06.2006