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Kathrin Bruhn aus Herford mit einem »Oddset«-Schein. Foto: Hannemann

Wettbüros
müssen schließen

Musterverfahren entschieden

Münster/Bielefeld (dpa/WB/kol). Private Wettbüros sind in Nordrhein-Westfalen von sofort an verboten. Das hat der 4. Senat des Oberverwaltungsgerichts für NRW gestern in Münster entschieden. Damit stehen landesweit mehr als 1100 Wettvermittler vor dem Aus.

Die Entscheidung in zweiter Instanz erlaubt es den Kommunen, die Büros privater Sportwetten-Vermittler zu schließen. In Ostwestfalen kündigten gestern die ersten Ordnungsämter entsprechende Schritte noch für die Sommerferien an.
Zuvor hatten mehrere Verwaltungsgerichte in Nordrhein-Westfalen einander zum Teil widersprechende Entscheidungen gefällt. Das für Ostwestfalen-Lippe zuständige Verwaltungsgericht Minden hatte sich auf die Seite der privaten Wettbüros gestellt und angezweifelt, ob ein staatliches Wettmonopol tatsächlich der Eindämmung der Spielsucht diene.
Nach dem Beschluss des Oberverwaltungsgerichts bleiben nun lediglich die Wetten des staatlichen Anbieters Oddset legal. Das Bundesverfassungsgericht hatte am 28. März entschieden, das staatliche Wettmonopol sei dann mit dem Grundgesetz vereinbar, wenn Oddset seine Werbung für die Wetten deutlich zurückfahre und wirksam die Spielsucht bekämpfe.
Ein freier Zugang zum Markt für Sportwetten für private Anbieter und Vermittler berge unter den Gesichtspunkten der Spielsucht, des Verbraucherschutzes sowie der »typischen Begleit- und Folgekriminalität« von Glücksspielen erhebliche Gefahren für wichtige Allgemeininteressen, entschieden die Richter in Münster. Deshalb sei das Verbot auch unter europarechtlichen Vorzeichen rechtens.
Damit wiesen die Richter die Beschwerde eines privaten Wettanbieters aus Wuppertal zurück. In Münster sind noch etwa 200 weitere Beschwerden anhängig, darunter eine der Stadt Bielefeld mit insgesamt 26 Einzelverfahren.
Für diese und weitere Prozesse kündigte gestern der Bielefelder Rechtsanwalt Jusuf Kartal, der bundesweit mehr als 400 privat Wettbüros vertritt, Befangenheitsanträge gegen den Senatsvorsitzenden des Oberverwaltungsgerichts Münster an. Der Richter habe bereits Ende vergangener Woche einem Rechtsanwalt gegenüber durchblicken lassen, dass der Senat in dem Musterverfahren gegen das Wettbüro entscheiden werde.
In Ostwestfalen gibt es private Wettbüros nach einer aktuellen Umfrage unter den Ordnungsämtern in Bielefeld (35), Paderborn (11), Herford (8), Gütersloh (7), Rheda-Wiedenbrück (6), Bünde (6), Halle (3), Verl (2), Werther (2), Versmold (2), Löhne (2), Bad Oeynhausen (2), Delbrück (1), Rahden (1), Büren (1), Bad Lippspringe (1), Brakel (1), Steinheim (1), Höxter (1), Steinhagen (1), Enger (1) und Spenge (1). Az.: 4 B 961/06
Seite 4: Kommentar

Artikel vom 29.06.2006