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Oetkers Schiffe ziehen den Konzern

Trotz Preisdrucks weiteres Wachstum erwartet -Ê WM: Brauereien arbeiten unter Hochdruck

Von Bernhard Hertlein
Bielefeld (WB). Hamburg-Süd, die Handelsschifffahrtslinie der Dr. Oetker-Gruppe, reduziert auch in rauerem Gewässer nicht ihr Wachstumstempo. Überkapazitäten drücken zwar seit Herbst auf die Preise. Der Chef der Reedereigruppe, Klaus Meves, wird jedoch schon am 1. Juli die Frachtraten an die gestiegenen Erdölpreise anpassen.

Seit einigen Jahren fährt die Handelsschifffahrt innerhalb des Oetker-Konzerns auf der Überholspur. Nach Angaben von Finanzchef Dr. Ernst F. Schröder stieg ihr Umsatz von 1,9 Milliarden Euro in 2003 über 2,5 in 2004 auf 3,0 Milliarden im vergangenen Jahr. In diesem Zeitraum investierte Oetker insgesamt 878 Millionen Euro in die Schifffahrt.
Mewes geht davon aus, dass die Globalisierung noch lange für Belebung auf den Weltmeeren sorgen wird. Die Investitionen in größere und damit rentablere Schiffe würden fortgeführt. Die Flotte der Hamburg-Süd umfasst 144 Schiffe, davon 27 in Eigenbesitz. Der Container-Bestand überschritt die Grenze von 200 000. Zu dem expansiven Kurs passt die kürzlich erfolgte Übernahme von Schiffsdiensten zwischen Australien/Neuseeland und Asien bzw. Nordamerika, die bisher von der russischen Reederei Fesco bedient wurden. Damit erhöht sich das Frachtvolumen um 150 000 Container - einer Größenordnung, die 1990 noch dem gesamten Volumen der Hamburg-Süd entsprochen hat.
Von dem Rückenwind auf hoher See profitierte 2005 die gesamte Oetker-Gruppe. Erstmals überstieg der Umsatz nach einem Plus von 4,3 Prozent sieben Milliarden Euro. Dabei war das Geschäft der Konsumgüter-Firmen operativ -Êalso ohne die Zukäufe der Molkerei Oncken sowie im Brauerei- und Spirituosenbereich - sogar leicht rückläufig. Auch die Erwartungen des Gesellschafters und Vorsitzenden der Geschäftsführung, Dr. August Oetker, an das Jahr 2006 sind in Deutschland eher zurückhaltend. Die Mehrwertsteuererhöhung werde nur bei langlebigen Konsumgütern zu vorgezogenen Geschäften führen. Ein »minimales Wachstum« solle jedoch trotzdem möglich sein.
Das andere Konjunkturförderprogramm, die Fußball-Weltmeisterschaft, beflügelt derzeit vor allem das Biergeschäft des größten deutschen Privatbrauers. Nach Angaben von Ulrich Kallmeyer, dem Vorsitzenden der Radeberger-Geschäftsführung, sind die Abfüllanlagen rund um die Uhr in Betrieb. Das Tagesvolumen von 75 000 Hektolitern entspreche dem Jahresausstoß einer mittelständischen Brauerei. Allein für die WM-Fanmeile in Berlin stelle man 40 Ausschankwagen. Zudem besitze Radeberger Exklusivverträge für neun der zwölf WM-Stadien. Kallmeyer: »Man stelle sich vor, die Bier trinkenden Iren und Schotten hätten sich auch noch für die WM qualifiziert . . .«
Unterm Strich erwartet der Chef der Oetker-Brauereien von der WM aber nur ein Zwischenhoch. 2005 ging das Geschäft operativ um 6,7 Prozent zurück - ein Trend, der sich bis Ende April fortsetzte. Der Mai hellte die Stimmung in der Branche etwas auf. Insgesamt hat Radeberger im vergangenen Jahr 13 Millionen Hektoliter abgesetzt. Dies bedeutet seit Übernahme von Brau und Brunnen ein Reduzierung der Kapazität um acht Millionen Hektorliter.
Auf die anderen Geschäftsfelder hat das WM-Fieber kaum Auswirkungen. Englands Spielerfrauen haben sich das zur Oetker-Gruppe gehörende Brenner's Park-Hotel in Baden-Baden als Bleibe ausgesucht. Selbst Dr. Hans-Henning Wiegmann, Chef von Oetkers Kellereien Henkell & Söhnlein, erwartet keinen nennenswert höheren Absatz: »Sekt ist kein Fußballer-Getränk; da profitieren höchstens die billigeren Sektmarken.«

Artikel vom 28.06.2006