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Zeitungsschlagzeile
vom 26. Juni 2006

»SPD-Fraktionschef
Peter Struck
vermisst Gerhard
Schröder.«

Leitartikel
Über »Bruno« und andere

Gern gibt der
Mensch sich
bärenstark


Von Rolf Dressler
Mit einem finalen Fangschuss endete am Montag schlussendlich das wochenlange tirolerisch-bay- erische Ping-Pong-Versteckspiel um »Bruno«, den Bären. Seine Häscher führten ihn auch unter dem Namenskürzel »JJ 1«.
Aber offenbar auch noch über die Tötung dieses besonders wanderlustigen Gesellen hinaus setzt sich die Reihe der Ungereimtheiten munter fort, die im Falle von »Bruno« wir Menschen zu verantworten haben. Ein Ruhmesblatt sieht anders aus. Denn:
- Mehr als 14 Tage lang brach- ten nicht einmal die hochgelobten finnischen Bärenjagd-Spezialisten und deren Fährtenhunde bei der Fahndung nach »JJ 1« etwas Brauchbares zustande. Im Gegenteil: Sie scheiterten auf ganzer Linie.
- Doch seltsam: Nur Stunden nachdem die Truppe aus dem hohen Norden unverrichteter Dinge aufgegeben hatte, lief Meister Petz alias »Bruno« gleich mehreren Wanderern und Spaziergängern über den Weg und vor die Kamera.
- Und kaum hatten (sicherlich besonders gut honorierte) diverse Videobilder und Standaufnahmen in Presse und Fernsehen die Runde gemacht, da war »JJ 1« nach einem allerletzten erfrischenden Bad im Spitzingsee bereits zur Strecke gebracht; plötzlich und unerwartet, waidgerecht erlegt mit zwei Meisterschüssen aus immerhin 150 Metern Entfernung.
So weit, so zwiespältig. Nun er- übrigt sich auch die zentrale Fra- ge, ob man das Tier nicht doch hätte betäuben und am Leben lassen können. Aus. Vorbei.
Abermals hat der Mensch, die selbsternannte Krone der Schöpfung, die eigene Macht über die Mit-Kreatur herausgekehrt. Bä- renstärke stellt er aber auch besonders gern zur Schau, wenn er politisch und rüstungstechnisch glänzen kann. Ausgerechnet noch zu Zeiten der rot-grünen deutschen Regierungskoalition ist die Europäische Union - zum historisch ersten Mal überhaupt - zum größten Waffenexporteur der Welt aufgestiegen. Mit weitem Abstand angeführt von Deutschland und Frankreich verkaufte die EU für 7,821 Milliarden Dollar sogenanntes konventionelles Waffenmaterial. Die USA erlösten aus diesem höchst einträglichen Geschäft 7,101 und Russland 5,771 Milliarden Dollar.
Mehr als nur leicht schwindelt es dabei selbst abgeklärte Beobachter. Denn mischt da, jedenfalls im weiteren Umfeld, neuerdings nicht auch ein gewisser Gerhard Schröder, enger Freund des russischen Präsidenten Wladimir Putin, kräftig mit im riesengroßen Gewinn-Spiel - genauer gesagt: bei Gazprom? Der Mega-Konzern gilt nicht von ungefähr als das mächtige »Herzstück des Putinismus«, weil er außer dem Energiebereich auch weite Teile der russischen Presse sowie des Fernsehens kontrolliert und kremlgerecht lenkt.
Pikant genug : Unter Putin habe das zunehmend unfreie Russland den Weg zur Demokratie verlassen, warnte soeben die Menschenrechtsorganisation »Freedom House« (»Haus der Freiheit«).
Der Russische Bär lebt.

Artikel vom 28.06.2006