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»Das Abenteuer geht weiter«

Frankreich und Zinedine Zidane freuen sich jetzt auf Brasilien

Von Friedrich-Wilhelm Kröger
Hannover (WB). Der Weg zu Zinedine Zidane war weit. Aber das spielte für Thierry Henry nach dem Abpfiff keine Rolle. Quer über den Platz hastete der Stürmer, um mit einem Satz auf den Rücken des alten Mannes zu springen.

Alter Mann - das ist nicht despektierlich, sondern ehrfürchtig. Außerdem bezeichnet sich einer der besten Fußballer aller Zeiten ja selbst so. Müde ist »Zizou«, ermattet von 17 harten Profijahren und von mehr als 1000 Einsätzen. Der Künstler wird den Zauberstab einpacken. Jede Vorführung könnte die letzte sein. Die verbleibende Herausforderung besteht darin, das Ende hinauszuzögern. Dies ist auch dem Team eine Herzensangelegenheit. »Wir wollen, dass es so spät geschieht wie möglich«, sagte Henry, »wir sind ihm das einfach schuldig.«
Für Real Madrid hat Zinedine Zidane seine letzte Begegnung bereits bestritten, einen Auftritt in seinem Heimatland wird es auch nicht mehr geben und die Deutschen sollten es daher als eine besondere Ehre betrachten, dass der 34 Jahre alte Franzose hier sein persönliches Finale spielt. In Hannover erteilte sich »ZZ top« selbst einen Aufschub, als es auch höchste Zeit dafür war. Die 83. und die 90. Minute gehörten ihm. Zunächst nutzte Patrick Viera einen Zidane-Freistoß zum 2:1, den Schlusspunkt setzte der große Meister selbst, als er mit einem kleinen Solo aufwartete und seine Mannschaft endgültig ins Viertelfinale gegen Brasilien schoss.
Dabei hatte es in der ersten Halbzeit Anlass zur Befürchtung gegeben, Zidane werde noch an diesem Abend schmucklos seinen letzten Schweiß vergießen. David Villas Elfmeter (27.) zum 1:0 stand für Spaniens ansonsten nutzlose Überlegenheit, Franck Ribery (41.) trug noch vor der Pause dazu bei, die Frist der Franzosen und ihres scheidenden Helden zu verlängern.
Zum Schluss trat er selbst in Erscheinung, und als Zidane Gratulant Henry abgeschüttelt hatte, kam es zur kleinen Seniorenparty für zwei. Fabian Barthez bedankte sich für das vorgezogene Geburtstagsgeschenk, das ihm Zidane mit seinen Beiträgen zum schöneren Leben im Alter gemacht hatte. Der Torhüter feierte gestern sein 35. Wiegenfest, Arm in Arm ging er mit seinem etwas jüngeren Freund vom Feld. Zidane freut sich nun aus gutem Grund auf das Viertelfinale: »An Brasilien habe ich nur die besten Erinnerungen.«
1998 machte er das bedeutend- ste und wohl beste seiner 105 Länderspiele, als er im Pariser WM-Finale mit zwei Treffern beim 3:0 maßgeblich dazu beitrug, den Titelverteidiger zu entthronen. Acht Jahre sind vergangen. Jetzt ist der dreifache Weltfußballer und Allesgewinner fast am Ziel angelangt. Aber noch nicht ganz. Er hat nach dem Sieg gegen Spanien glücklich gewirkt und gelacht wie lange nicht. Bestimmt, weil Zidane die Zukunft vor sich hat: »Das Abenteuer geht weiter.«

Artikel vom 29.06.2006