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Luiz Scolari hat die freie Auswahl

Vor dem England-Duell: Portugals Coach steht auf vielen Wunschlisten

Von Klaus Lükewille
Gelsenkirchen (WB). Luiz Felipe Scolari gegen England. Das ist eine Erfolgsgeschichte, die an diesem Samstag ab 17 Uhr in Gelsenkirchen weitergehen soll. Luiz Felipe Scolari und England. Hier könnte auch eine Fortsetzung folgen.

Bei der WM 2002 saß der Trainer auf der brasilianischen Bank, warf die Engländer im Viertelfinale mit 2:1 aus dem Turnier und führte sein Land zum fünften Triumph. Zwei Jahre später, EM-Endrunde in Portugal: Scolari hatte inzwischen beim Gastgeber angeheuert - und erneut traf man sich im Viertelfinale. Portugal gewann nach einem dramatischen Elfmeterschießen 6:5.
Und jetzt Teil drei des Duells. Wieder im Viertelfinale. Scolari ist zuversichtlich: »Ich hoffe natürlich, dass meine Erfolgsserie gegen die Engländer weitergeht.« Die andere Frage: Wie geht es für den Trainer weiter? Schon nach dem Achtelfinalerfolg gegen die Niederlande machte Scolari Werbung in eigener Sache: »Mein Vertrag in Portugal läuft aus, ich bin ab dem 31. Juli ein freier Mann.«
Das war deutlich, alle sollten es hören. Hier ist ein Coach zu haben, der Nationalteams zur Weltmeisterschaft führen kann. Scolari ist ein gefragter Mann. Mit seinen 57 Jahren steht er vor dem vielleicht letzten ganz dicken Vertrag und prüft. Das Pokerspiel hat er längst eröffnet: Wer will mich? Was will ich?
Die Portugiesen rollten ihm schon vor dem WM den roten Teppich aus. Präsident Gilberto Parca Madael würde ihn am liebsten für immer und ewig verpflichten, aber der Trainer wird leider von Sieg zu Sieg teurer und teurer. Scolari schätzt den Präsidenten sehr - wie alle Portugiesen: »Die Fans und die Spieler haben mir in den vergangenen vier Jahren sehr viel gegeben.«
Offen bleibt, ob sie ihm für eine Verlängerung auch genug Geld geben können. Hier bot im Frühjahr schon ein Konkurrent mit und legte ein paar Scheine drauf. Und da begann die Geschichte von Scolari und England, die noch nicht zu Ende sein soll. Der Trainer blickt zurück: »Ja, sie wollten mich haben. Aber damals habe ich abgelehnt. Wie sollte das gehen? Ich konnte doch nicht vor einem großen Turnier in England unterschreiben. Die wollten das auch noch sofort öffentlich machen. Prompt treffen wir bei der WM auf diese Mannschaft - und was hätte ich dann meinen Portugiesen sagen sollen? Hätten die mir noch geglaubt?«
Der Brasilianer ist für klare Verhältnisse. Ein Job wird erledigt, erst dann kommt die nächste Aufgabe. Vielleicht doch in England? Die haben zwar mit Steve McClaren den Nachfolger für Sven Göran Eriksson schon vorgestellt, aber Scolari sagt: »Das Thema ist nicht erledigt. Es kann sein, dass es noch Gespräche geben wird.« Spätestens nach dem 31. Juli. Dann ist der Brasilianer endgültig ein freier Mann - und hat die freie Auswahl.

Artikel vom 01.07.2006