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Todesschuss auf Bruno
fiel im Morgengrauen

Morddrohungen gegen Schützen und Politiker

Schliersee (dpa). Nach mehr als fünfwöchiger Jagd ist Braunbär »Bruno« gestern Morgen in Bayern von Jägern erschossen worden.

Der aus Norditalien stammende Jungbär wurde um 4.50 Uhr aus 150 Meter Entfernung auf der Rotwand im Gemeindegebiet von Schliersee erlegt. Natur- und Tierschutzorganisationen reagierten mit Bestürzung und scharfer Kritik. »Das ist die dümmste aller Lösungen«, sagte Präsident Hubert Weinzierl vom Deutschen Naturschutzring.
»Bruno« sei schmerzlos erlegt worden, sagte Bayerns Umweltstaatssekretär Otmar Bernhard (CSU) in Schliersee. Er rechtfertigte den Abschuss mit »Drohgebärden gegenüber Wanderern.« »In Abwägung der Sicherheit und des Artenschutzes blieb keine andere Möglichkeit«, sagte Bernhard. Zur Identität der drei Jäger und zu den näheren Umständen des Abschusses machte er keine Angaben. Nach Ministeriumsangaben gingen bereits Morddrohungen gegen die Schützen und gegen Bayerns Umweltminister Werner Schnappauf (CSU) ein.
Der Bär mit dem offiziellen Namen »JJ1« hatte seit seinem Auftreten im deutsch-österreichischen Grenzgebiet an die 35 Schafe gerissen, zahlreiches Federvieh gefressen sowie Bienenstöcke aufgebrochen. Weil er immer wieder in teils dicht besiedeltes Gebiet eindrang, galt er als »Problembär«. Der zweiwöchige Versuch finnischer Bärenjäger, »Bruno« lebend zu fangen, misslang. Nach seiner genetischen Untersuchung soll »Bruno« präpariert und im Münchner Museum »Mensch und Natur« ausgestellt werden.
Auf internationaler Ebene kämpfe man für den Schutz bedrohter Arten wie Tiger, Elefant und Nashorn, schaffe es aber nicht, mit dem ersten Bären in Deutschland klarzukommen, kritisierte Präsident Olaf Tschimpke vom Naturschutzbund NABU. Die Behörden hätten beim ersten in Bayern eingewanderten Bären besonnener reagieren müssen und nicht gleich in Panik verfallen dürfen.
Der italienische Naturschützer Pratesi betonte, dass »Bruno« Ergebnis eines Projekts zur Artenerhaltung gewesen sei - ein wieder in die Natur integriertes Exemplar aus dem Projekt Life Ursus im Adamello-Brenta-Park in Südtirol. »Wir vom WWF bemühen uns um die Artenerhaltung. Andere, andernorts, schießen einfach und zerstören jahrelange Arbeit«, kritisierte Pratesi. Generalsekretär Michele Candotti vom italienischen WWF sagte: »Es gibt keine Rechtfertigung für das, was heute im Morgengrauen passiert ist. Jagd auf einen Bären ist Zeichen einer Niederlage.«
Nach Einschätzung der österreichischen Sektion der internationalen Naturstiftung WWF war die Tötung von »Bruno« jedoch gerechtfertigt. »Bruno war nach unserer Einschätzung bereits ein Risiko-Bär.«

Artikel vom 27.06.2006