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Notizen einer
WM-Woche


Klick, klick, klick. Japaner fotografieren gern, wenn sie auf Reisen gehen. Ob Neuschwanstein oder den Kölner Dom, das Brandenburger Tor oder den Hamburger Michel - draufhalten und abdrücken. Nächstes Bild. Motivmangel kennt er nicht, der Japaner. Wie der junge Mann aus Tokio vor dem Dortmunder Stadion. Er hatte sich eine Currywurst gegönnt. Hielt sie mit links vor die Kamera, drückte mit rechts ab - und wird die Aufnahme in der Heimat präsentieren: So etwas essen die Deutschen tatsächlich.

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Letzte WM-Partie in Köln. Wir haben ein wenig Mitleid mit dem Busfahrer, der die Journalisten vom Parkplatz zum Medienzentrum bringt. Kleine Trost-Ansprache: »Es ist ja eigentlich sehr schade, dass in einem so schönen Stadion in der nächsten Saison wieder nur noch zweitklassige Spiele stattfinden.« Der Mann am Steuer dreht sich um und grinst: »Wieso? Ich komme aus Aachen. Wir spielen erste Liga.«

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Was macht der japanische Journalist, wenn seine Mannschaft ausgeschieden ist? Die Berichte werden kürzer, die Freizeit länger. Nebenan sitzt der Kollege in Nürnberg vor seinem Laptop. Ein kurzer Blick nach links, diese Schriftzeichen sind immer wieder faszinierend. Doch was ist das? Bube, Dame, König Ass - der Kerl spielt Skat. Aber nicht lange. Dann wechselt er wieder das Programm. Nein, nein, er schreibt keinen neuen Bericht. Jetzt schaut er sich Fotos von jungen Damen an. Auch wenn die Kugel für Japan nicht mehr rollt, der Mann will unbedingt am Ball bleiben.

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Pressekonferenz nach dem Achtelfinale Ukraine gegen die Schweiz. Torwart Aleksandar Schowkowski, der zwei Elfmeter meisterte, wird als »Spieler der Partie« vorgeführt. Ein Kollege aus Italien muss das irgendwie nicht richtig geschnallt haben, er hält die Nummer eins für den Schützen Oleg Gusev, der den dritten und entscheidenden Elfmeter verwandelte. Frage: »Sagen Sie stimmt es, dass sie sich bei Totti abgeschaut haben, wie man schießt?« Schowkowski ist irritiert: »Wen meinen Sie? Mich?« Der Italiener setzt neu an: »Si, Sie. Ist Totti Ihr Vorbild?« Da wird es dem Ukrainer zu bunt: »Ich bin nicht Totti. Ich bin Torwart.«-klü

Artikel vom 29.06.2006