27.06.2006 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Gewittersturm:
»Land unter« in
der Großstadt

200 Einsätze für Wehr und Polizei


Von Jens Heinze und
Bernhard Pierel (Fotos)
Bielefeld (WB). Eines der größten Unwetter der vergangenen Jahrzehnte hat in der Nacht zu Montag weite Teile der Großstadt geflutet. Der Gewittersturm mit Starkregen bescherte Feuerwehr und Polizei mehr als 200 Einsätze. Sogar die SchücoArena musste ausgepumpt werden. Sämtliche Aufräumarbeiten nach Schlamm- und Wasserlawinen waren erst gestern Abend beendet. Besonders betroffen war der Nordwesten Bielefelds mit Dornberg, Jöllenbeck, Vilsendorf und Schildesche.
Niederschläge von bis zu 36 Litern pro Quadratmeter, wie sie in Vilsendorf gemessen worden waren, hatten die Kanalisation völlig überfordert. Gullydeckel flogen hoch, Wasser und Erdreich ergossen sich in zahlreiche Hauskeller, Baustellenabsperrungen schwammen auf den Straßen, in Senken und Unterführungen geparkte Autos wurden regelrecht geflutet. Ein Dachdecker stürzte bei Reparaturarbeiten ab und erlitt eine Kieferfraktur.
»Bei uns liefen die Notrufleitungen heiß. Etwa 500 Anrufe gingen ein«, so stellvertretender Feuerwehrchef Rainer Kleibrink. Trotz Verstärkung von drei auf acht Mitarbeiter in der Telefonzentrale der Feuerwehr-Leitstelle habe man einen Teil der Hilfeersuchen zur Polizei umleiten müssen. Für etwa 250 Helfer und Retter der Freiwilligen Feuerwehr hieß es anschließend Großeinsatz: 24 von 29 Löschabteilungen waren bis zum frühen Montagmorgen quer durchs Stadtgebiet gefordert, setzten die Aufräumarbeiten gestern tagsüber nach wenigen Stunden Pause bis zum Abend fort.
Ein Schwerpunkt war die abschüssige Melanchthonstraße mit der angrenzenden SchücoArena. Im Stadion waren die Mannschaftskabinen auf etwa 500 Quadratmetern Fläche geflutet, die Keller benachbarter Häuser standen bis zu zwei Meter hoch unter Wasser. Zumindest beim DSC kam man mit dem sprichwörtlichen »blauen Auge« davon. »Die Stadiontechnik ist unversehrt geblieben«, so Arminias Geschäftsstellenleiter Gerhard Harhausen.
Dagegen glich die Rasenstraße in Schildesche gestern einem Katastrophengebiet wie nach einem Erdrutsch in den Alpen. Schlammlawinen von einem Kartoffelacker, der am oberen Ende der ansteigenden Straße liegt, hatten sich in Keller und auf Grundstücke ergossen. »Und die Versicherung will nicht zahlen«, empörte sich die 78-jährige Rentnerin Lore Rabe (siehe Artikel Versicherungsfall).

Artikel vom 27.06.2006