30.06.2006 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Bundestrainer bemüht
voluminöse Vokabeln

60:40 - Ballack und Sorin sehen ihr Team im Vorteil

Von Friedrich-Wilhelm Kröger
Berlin (WB). Es ist WM-Tag 22. Vielleicht wird Deutschland dem 30. Juni 2006 später einmal größte Bedeutung auf dem Weg zum Titel zusprechen. Vielleicht ist es auch die letzte Gelegenheit, die DFB-Auswahl bei diesem Turnier zu erleben.

Viertelfinale gegen Argentien, Anpfiff um 17 Uhr im Berliner Olympiastadion: Während die Fans schon die Stunden bis zum Anpfiff zählen, hält die Mannschaft an ihrem erweiterten Wochenplan fest. Nächsten Dienstag Halbfinale, am Sonntag Endspiel. Bundestrainer Jürgen Klinsmann wiederholt sich in diesem Punkt gern: »Das ist für einen dreifachen Welt- und Europameister das logische Ziel, wenn er die WM auch noch im eigenen Land spielt.«
Fast überproportional groß erscheint inzwischen das Selbstvertrauen, mit dem die DFB-Auswahl sich ihrer bisher schwersten Aufgabe stellt. Sind ihr denn gar keine Grenzen mehr gesetzt? Doch, das sind sie schon: »Wir müssen an unsere Grenze gehen«, sagt Klinsmann. Und dann werden sie erkennen, ob es tatsächlich dazu reicht, einen der erklärten Favoriten aus dem Turnier zu kippen.
Klinsmann beschwört den guten alten Kampfgeist. Er könnte auch genauso gut einen neuen Monumentalfilm anpreisen, in dem es um Ruhm, Ehre, Stolz und Überleben geht. Die voluminösen Vokabeln »Macht«, »Vehemenz« und »Entschlossenheit« bringt der Bundestrainer in einem einzigen Satz unter, dass es unter diesen Umständen einen »großen Fight« gibt, versteht sich von allein. Der Mann will den Titel unbedingt, daran besteht kein Zweifel. »Es ist okay, wenn einer mit weniger zufrieden ist. Ich bin es nicht. Und die Mannschaft ist es auch nicht.«
Klinsmann bleibt bei seiner Erfolgsformation, die jeder nach drei Wochen Weltmeisterschaft schon im Schlaf aufsagen kann. Alles ist geregelt. Jeder weiß, was er zu tun hat. Bearbeitet werden soll vor allem Regisseur Riquelme, im Kollektiv und kontinuierlich. Es heißt, er habe es nicht gern, wenn man ihm zu nahe tritt. Ein deutscher Sonderposten ist für den stillen Südamerikaner nicht vorgesehen.
»Wir wollen unser eigenes Spiel durchdrücken«, sagt Michael Ballack, der seinem argentinischen Kapitäns-Kollegen bei der Viertelfinal-Vorhersage Prozent für Prozent beipflichtet. »Unsere Chancen sind 60:40«, schätzt Juan Pablo Sorin. Ballack bestätigt: »Das sehe ich genauso. Nur andersrum.«
Die Einigung in der Mitte ergibt 50:50, und noch steht es 0:0. Dass die spätnachmittagliche Partie eine Fortsetzung in den frühen Abendstunden erfährt, ist möglich. Die WM wartet schließlich auch noch auf ihr ganz großes Drama.

Artikel vom 30.06.2006