27.06.2006 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Warnstreiks an OWL-Kliniken

Ärzte legen am Donnerstag und Freitag stundenweise die Arbeit nieder

Von Ernst-Wilhelm Pape
Bielefeld/Gütersloh (WB). In einigen der 21 kommunalen Krankenhäuser in Ostwestfalen-Lippe wird es nach Angaben des Marburger Bundes am Donnerstag und Freitag zu ersten Ärzte-Warnstreiks von zwei bis vier Stunden kommen.

Fest stehe auch, dass die Ärzte das Kreiskrankenhaus Gummersbach am Donnerstag und Freitag komplett bestreiken werde, sagte der NRW-Sprecher der Ärztegewerkschaft Marburger Bund, Michael Helmkamp. Weitere Schritte werde die Streik-Kommission am Dienstagabend festlegen. Joachim Finklenburg, Geschäftsführer des Kreiskrankenhauses Gummersbach, geht davon aus, dass ein Streiktag 850 000 Euro Verlust für die Klinik bedeutet.
In Hessen Bayern, Baden-Württemberg und Schleswig-Holstein haben gestern nach Angaben der Ärztegewerkschaft bereits 7500 Mediziner die Arbeit niedergelegt. Der Marburger Bund fordert einen arztspezifischen Tarifvertrag und eine angemessene Gehaltserhöhung.
Auch der Protest der niedergelassenen Ärzte gegen aus ihrer Sicht unhaltbare Arbeitsbedingungen, ausufernde Bürokratie und chronische Unterfinanzierung medizinischer Leistungen wird verschärft. Medi Deutschland, der Bundesverband der Ärztegenossenschaften und die Freie Ärzteschaft bereiten die Rückgabe von Kassenzulassungen vor. In Zukunft sollen Ärzte nur noch Privatpatienten behandeln. In der ersten Juliwoche sollen alle 120 000 Haus- und Fachärzte in Deutschland zu diesem Schritt und zum Eintritt in die drei Organisationen ermuntert werden. Diese haben bundesweit gemeinsam mehr als 23 000 Mitglieder. Der Präsident der Freien Ärzteschaft, Martin Grauduszus, geht davon aus, dass schon jetzt mehr als 60 000 Mediziner bereit sind, ihre Kassenzulassung zurückzugeben.
In Nordrhein-Westfalen sei die erste Rückgabe-Welle bereits bei Fachärzten (Urologen) im Bereich Nordrhein angelaufen. In Ostwestfalen-Lippe seien Gütersloh, Verl, Rheda-Wiedenbrück und Bünde Schwerpunkte für eine Rückgabe der Kassenzulassung. »Erste Nadelstiche«, um Krankenkassen und die Politik zu treffen, könnten bereits zum Jahresende erfolgen.
Nur ein neues System, wie die Direktabrechnung zwischen Arzt und Patient und eine Kostenerstattung durch die Krankenkassen, könne die dramatische Verschlechterung der Patientenversorgung stoppen. Eine überbordende Bürokratie und 30 Prozent nicht bezahlter medizinischer Leistungen werde zu Praxiskonkursen führen. Da viele Praxen keine Nachfolger finden könnten, »wird die geordnete Versorgung der Bevölkerung in Kürze zusammenbrechen«, sagte Grauduszus.
Nach Angaben der Kassenärztlichen Bundesvereinigung haben schon 30 000 der 100 000 Praxen in Deutschland mit wirtschaftlichen Schwierigkeiten zu kämpfen.
www.zulassungsrueckgabe.de

Artikel vom 27.06.2006