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Kaiserpfalz hat Königsthron wieder

Wertvolle Exponate aus Goslar sind gestern in Paderborn eingetroffen

Von Rüdiger Kache
Paderborn (WB). Der Kaiser und sein Hofstaat brauchten Wochen beschwerlicher und gefährlicher Reisen durchs Reich, um mit Sack und Pack von Pfalz zu Pfalz zu ziehen.

Ein moderner Kunst-Transportspezialist schaffte seinen 1 000 Jahre alten Thron und einen geheimnisvollen Altar in weniger Stunden von Goslar an die Pader, wo die wertvollen Kunstwerke für drei Monate die Hauptattraktionen der Ausstellung »Canossa 1077 - Erschütterung der Welt« (vom 21. Juli an) sein werden.
»Ich freue mich, dass unsere Paderborner Kaiserpfalz endlich wieder einen zeitgenössischen Königsthron hat - und er steht in der Ausstellung sogar an der historisch richtigen Stelle«, meinte Museumschef Matthias Wemhoff, der selbst mit anpackte, um die zentnerschweren Kunstwerke auf die Podeste zu hieven.
Fünf Schüler in Begleitung ihres Lehrers begleiteten den Transport aus Goslar nach Paderborn. Seit Januar haben sich Pennäler der Oberstufen-AG Geschichte des Goslaer Ratsgymnasiums mit den beiden Kostbarkeiten aus dem Mittelalter beschäftigt, haben fotografiert, digitalisiert und eine aufwändige DVD hergestellt, mit deren Hilfe die beiden Exponate während der Ausleihzeit virtuell auch in Goslar zu sehen sind.
Besonders spannend war für die Schüler die Beschäftigung mit dem außergewöhnlichen Altar. Auf den Schultern von vier athletischen, schwarzen Gestalten - sie sind dem Titanen-Sohn Atlas, der die Welt getragen haben soll, nachempfunden - ruht ein großer quadratischer Kasten. Auf den seitlichen Bronzeplatten sind sternförmig angeordnete Öffnungen zu sehen. Ehemals waren sie mit Bergkristallen und Alabasterscheiben verschlossen. Im Inneren wurden an hohen Kirchenfesten in Anwesenheit von König und Bischöfen Kerzen entzündet, so dass der vergoldete Altar ein wahrhaft geheimnisvolles Licht ausstrahlte.
Wie die Krone, ist der Thronsessel unverzichtbarer Ausdruck königlicher Würde. Außer dem Herrschersitz Karls des Großen sind aus dem Mittelalter nur die kunstvoll gearbeiteten, bronzenen Thronlehnen Heinrichs IV. aus der Pfalz zu Goslar erhalten. In der Paderborner Ausstellung werden sie einem steinernen Papst-Thron aus Rom gegenübergestellt. Mit dem Kaiserstuhl und dem Altar leiht Goslar zwei besonders wichtige Ausstellungsstücke für die Paderborner Ausstellung aus.
Die groß angelegte Präsentation widmet sich der spannungsreichen Zeit des 11. und frühen 12. Jahrhunderts, einer Epoche des Umbruchs und der Krise, die eng mit der Regentschaft der beiden Monarchen verbunden ist.
Das Eintreffen der wertvollen Exponate aus Goslar ist auch für Hans Behringer, Vorsitzender des Kulturfonds Paderborn, ein Freudentag. Ohne die vielen Förderer aus der Ostwestfälischen Wirtschaft, ohne deren Engagement wäre das riesige Ausstellungsprojekt »Canossa 1077« nicht realisierbar gewesen.

Artikel vom 27.06.2006