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Dippel bläst Altmann weg

Schrittmacher führt Jan Eric Schwarzer zum Landesmeistertitel

Von Jörg Manthey
Bielefeld (WB). Der zuvor von den Mitbewerbern als »Top-favorit« auserkorene Jan Eric Schwarzer bestätigte die Vorschusslorbeeren und blieb auf der 333 Meter langen »Buckelpiste« der Bielefelder Radrennbahn weiterhin ungeschlagen. Der A-Amateur des RV Teutoburg Brackwede, 2005 noch »Vize«, ließ sich von Zugvogel-Schrittmacher Christian Dippel zu seinem ersten Titel im Steherlager »ziehen« und ist neuer NRW-Landesmeister.

Rund 150 Zaungäste feierten am Samstag den Dominator, der glücklich den rechten Arm in den blauen Himmel reckte. »Nach dem fünften Platz bei der deutschen Meisterschaft tut so ein Sieg gut. NRW ist das stärkste Bundesland im Stehersport. Dieser erste Platz ist was fürs Selbstvertrauen«, frohlockte der Lokalmatador nach dem 50 Kilometer langen Endlauf, den er weitestgehend beliebig kontrollierte. Nach 150 Runden (42:40,79 Minuten) standen drei Schrittmacher des RC Zugvogel auf dem Treppchen.
Alle Fahrer wählten fürs schnelle Oval die größten Ritzel. Als Schwarzers ärgster Rivale entpuppte sich der Essener Profi Marc Altmann (Team Akut Arnold Sicherheit NRW). Dessen Schrittmacher Gerd Geßler stellte schon vor dem Startschuss klar, dass die Platzierung »nach drei Rennen inklusive zwei Mal Training« nur »sekundär« sein würde. »Das ganze ist für uns ein Testlauf für die Deutschen 2007«. Zudem steckten Altmann noch die Strapazen der deutschen Einzelmeisterschaft über 40 Kilometer in den Beinen, die tags zuvor in Forst ausgetragen wurden. Hier wurde er 19.
Nach der Auslosung von Position drei ins Rennen gegangen, lauerte Schwarzer nach sieben Runden auf Rang zwei. Runde 18 sah die erste Attacke auf die führenden Marc Altmann/Gerd Geßler. Vier Runden lang beharkten sich die Fahrer Schulter an Schulter, ehe Geßler das kraftraubende Duell abbrach und den Kollegen gewähren ließ. »Ich wollte nicht nachgeben«, kommentierte Dippel den gelungenen Führungswechsel. »Christian hat es im Gefühl, was er mir zutrauen kann und was nicht«, vertraut Schwarzer der Regie des Routiniers voll und ganz. Der Vorsprung vergrößerte sich zusehends und betrug zwischenzeitlich rund 100 Meter.
Entspannt spulte Schwarzer seine Runden konstant im 18-Sekunden-Takt ab. Nach 60 Durchgängen waren nur noch vier Fahrer in einer Runde, dann drei. Kurz darauf stieg Christian Passenheim (Solingen) aus.
14 Runden vor Schluss setzte Gerd Geßler zur entscheidenden Attacke an. Der Rückstand schmolz rapide, und zwölf Runden vor Schluss war Altmann gleichauf mit Schwarzer. Doch der Tempoüberschuss reichte nicht.
Derweil sein Hintermann im Windschatten klebte und am Limit kurbelte, leitete Dippel mit einer dezenten Körperdrehung den Fahrtwind um und blies Altmann von der Rolle. Der verlor viel Tempo und stand am Ende kurz vor der Überrundung. Gleichwohl wirkten die Unterlegenen recht zufrieden. Gerd Geßler über seine breit gefächerte Strategie: »Marc sollte alle Rennsituationen mal kennenlernen; auch die Luftwelle, die ihn weggeblasen hat. Da war er richtig erschrocken. Mit Rang zwei ist es für uns ideal gelaufen«. Sein Kompliment an den Novizen: »Ich habe endlich wieder einen Fahrer, der kämpfen kann«.
Für Jan Eric Schwarzer beginnt nun eine aufregende Zeit. »Ich bin ein bisschen eingespannt in die Tour de France, übernehme mit die VIP-Betreuung im Team Gerolsteiner«, verrät der Ex-Profi. Zudem arbeitet er während der Tour für eine Kölner Sportmarketingagentur als »Radguide«.
Abgerundet wurde die familiäre Steher-Veranstaltung durch eine Oldie-Motorrad-Show. Ob NSU, Dürkopp, Norton, Cleveland, Harley Davidson, Wanderer 1925, Meyer oder Rudge-Whitworth - die 17 alten »Schätzchen« aus den Anfangstagen des Motorradsports waren ein toller Blickfang.
Nur noch ein Mal in diesem Sommer dröhnen in der Radrennbahn die Motoren: Am 2./3. September richtet der RC Zugvogel an der Heeper Straße ein international besetztes Rennen aus. Und im Jahr 2008 soll es in Bielefeld wieder um DM-Ehren gehen.
www.stayer.de

Artikel vom 26.06.2006