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»Das sind keine Übermenschen«

Ghana geht selbstbewusst ins Achtelfinale gegen Weltmeister Brasilien

Dortmund (dpa). Die Ballzauberer aus Brasilien verschwenden keinen Gedanken ans Ausscheiden, doch ganz Afrika und auch Ghanas Staatsoberhaupt John Kufuor drücken dem Außenseiter die Daumen: »Unsere Gegner sind keine übernatürlichen Wesen.«

Vor dem heutigen Achtelfinale spricht der Weltmeister mit Respekt von Ghana. Gleichzeitig strotzen die Spieler vor Selbstbewusstsein. Ronaldinho: »Jetzt kommt der Augenblick, der uns am besten gefällt. Und ich hoffe, dass ich mit dem Team wachse.«
In einem Achtelfinale waren die Brasilianer zuletzt 1990 gescheitert - mit 0:1 an Argentinien. Mit afrikanischen Teams verbindet die Seleção ein »olympisches Trauma«: 1996 in Atlanta schied Brasilien im Halbfinale gegen Nigeria aus, 2000 in Sydney im Viertelfinale gegen Kamerun. Bis heute war der fünfmalige Weltmeister noch nie Olympiasieger. »Wir wissen, dass Ghana ein körperlich starkes Team hat und dass sie sehr hart decken. Deshalb müssen wir schnell spielen und uns viel bewegen, um dieser Deckung zu entkommen«, forderte Ronaldinho.
Für Trainer Carlos Alberto Parreira ist die Partie eine Reise in die Vergangenheit. Von 1967 bis 1968 betreute er als Student das Nationalteam Ghanas. »In dieser Zeit war der Fußball dort ein Hobby. Heute spielen von den 23 Profis 20 in Europa. Es gibt keinen Grund, sie zu fürchten, aber man sollte sie respektieren.«
Bei ihrer 18. WM-Teilnahme treffen die Südamerikaner erstmals in einem Entscheidungsspiel auf ein afrikanisches Team. »Ich werde nicht von einem leichten Spiel sprechen. Wir kennen alle Spieler, das wird schwer«, warnte Ronaldo, der sich mit seinem 15. Treffer zum erfolgreichsten WM-Torschützen krönen und Gerd Müller übertrumpfen kann.
Ghanas Fußballer wollen sich nicht von der Star-Ansammlung einschüchtern lassen. »Auf uns lastet kein Druck. Wir haben unsere eigenen Stärken, deswegen können wir auf den Platz gehen und das Spiel genießen«, erklärte Asamoah Gyan. Der Stürmer kehrt nach abgesessener Gelbsperre ebenso ins Team zurück wie Mittelfeldakteur Sulley Ali Muntari. Das Duo hatte mit den Toren gegen Tschechien (2:0) die Grundlage für Ghanas historischen Achtelfinaleinzug geschaffen.
Allerdings fehlt Michael Essien vom FC Chelsea, der wichtigste Führungsspieler, wegen einer Gelbsperre. Erst einmal standen sich das »echte Brasilien« und die »Brasilianer Afrikas« gegenüber. 1996 setzte es für die Westafrikaner in einem Freundschaftsspiel eine 2:8-Pleite.

So spielen sie
Brasilien: 1 Dida - 2 Cafú, 3 Lucio, 4 Juan, 6 Roberto Carlos - 8 Kaká , Gilberto Silva, 11 Zé Roberto (19 Juninho), 10 Ronaldinho - 9 Ronaldo, 7 Adriano
Ghana: 22 Kingson - 15 Pantsil, 5 Mensah, 7 Shilla, 13 Mohamed - 9 Boateng, 10 Appiah, 20 Otto Addo, 11 Muntari - 14 Amoah, 3 Gyan
Schiedsrichter: Lubos Michel (Slowakei) bisherige Duelle: 1 - 0 - 0

Artikel vom 27.06.2006