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Konrad Adam in der »Welt«

»Für das Recht auf Autofahren (das es nicht gibt) ziehen wir täglich neu ins Gefecht.«

Leitartikel
»Wir« und die Verkehrsunfälle

Auto fährt
der Bär
noch nicht


Von Rolf Dressler
Natürlich passt dieses Problem-Dauerthema so gar nicht in die unglaubliche, wahrlich weltmeisterliche Fußballbegeisterung dieser mitreißenden Tage und Wochen. Es ist und bleibt aber eine traurige Wahrheit: Beinahe stündlich und gerade auch an ausflugs- und spritztour-frohen Wochenenden hält Gevatter Tod auf Deutschlands Straßen reiche Ernte.
Nur Bruchteile dieser folgenschweren Ereignisse jedoch erregen nennenswertes Aufsehen oder gar Anteilnahme im breiten Bürgerpublikum. Von der klassischen Regional- und Lokalzeitung wie zum Beispiel dem WESTFALEN-BLATT abgesehen arbeiten Presse, Funk und Fernsehen Verkehrsunfälle In aller Regel kühl-routiniert und oftmals eher beiläufig ab.
Dabei geht die Zahl derer, die als Familienangehörige der Verkehrsunfallopfer in vielerlei Hinsicht mehr oder minder mitbetroffen sind, Jahr für Jahr hoch in die Hunderttausende, wenn nicht sogar noch darüber hinaus. Doch, Hand aufs Herz, wen in der Bürgeröffentlichkeit kümmern letztlich schon die bedrückenden Schicksale fremder Schwerverletzter, Verkrüppelter oder auf Lebenszeit Behinderter, aus welchem Grunde und durch wessen Schuld auch immer sie zu Schaden kamen?
Nein, das forsche Völkchen der Raser und Drängler und die sogenannte Fachwelt behelfen sich anderweitig. Sie berühmen sich des (durchaus anerkennenswerten) Statistik-Tatbestandes, dass dank vielfältiger Anstrengungen die Zahl der Verkehrstoten wie auch der verletzten Auto-, Mo- torrad-, Radfahrer und Fußgänger stetig abnehme. Fast vergessen ist der dramatische Schreckensrekord von einstmals 21300 Todesopfern anno 1970. Und natürlich hoffen die Väter und Mütter unseres vierrädrigen »liebsten Kindes« inständig auf die Verkehrssicherheitstechnik: Schon bald, so tönt es kernig, würden elektronische Warnsysteme »den Tod ausbremsen« auf Straßen und Autobahnen.
Weitgehend taub indes stellen sich all jene rücksichtslosen Zeit- und Gaspedal-Genossen, die tagtäglich Geschwindigkeitsbegrenzungen, Sicherheitsabstände und Überholverbote missachten. Bodenlos leichtfertig setzen sie Gesundheit und Leben anderer Menschen aufs Spiel. In den Me- dien aber finden diese gängigen Unfallursachen allenfalls Erwähnung, wenn sich schon wieder die nächste Tragödie ereignet hat.
Ganz im Gegensatz dazu wird die Gefährdung durch den Problem-Bären »Bruno« alias »JJ 1« derartig hysterisch ausgeschlachtet, als müsse jeder, der in Bayern oder in Tirol auch nur einen Schritt vor die Haustür tritt, sofort damit rechnen, von Meister Petz gefressen zu werden.
Es geht aber auch ganz anders. Großartig kühlen Kopf bewahrte am Wochenende gottlob der Busfahrer Friedrich Wilhelm Brands- meier. 21 Mitreisende aus Bad Salzuflen verdanken ihm vermutlich ihr Leben. Warum, das ist nachzulesen auf der Seite 3 dieser Zeitungsausgabe.

Artikel vom 26.06.2006