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Streit um die
neue Büste

Heine oder Gauß in die Walhalla?

Von Silke Droll
Donaustauf (dpa). Um die neue Büste für den Ruhmestempel Walhalla hat sich ein öffentlicher Streit unter Wissenschaftlern entzündet.
Auch die Büsten berühmter Menschen müssen mal gereinigt werden.Foto: dpa

Während die Bayerische Akademie der Wissenschaften den Mathematiker und Astronomen Carl Friedrich Gauß empfiehlt, will die Bayerische Akademie der Schönen Künste das Kabinett Edmund Stoibers zu einer Würdigung des Dichters Heinrich Heine bewegen. Der Ministerrat entscheidet demnächst darüber, welche Persönlichkeit mit der Aufnahme in dem Nationaldenkmal geehrt wird. Zuletzt war Anfang 2003 die Widerstandskämpferin Sophie Scholl als 127. Büste in die Walhalla aufgenommen worden.
»Ich finde, dass die Aufnahme einer neuen Büste in die Walhalla ein Zeichen setzen muss«, sagt Dieter Borchmeyer, der Präsident der Akademie der Schönen Künste. Im Gegensatz zum »neutralen« Mathematiker Gauß habe Heine einen hohen symbolischen Wert, gerade weil er nicht dorthin passe. Der jüdische Schriftsteller, der nach Paris ausgewandert war, verspottete die Walhalla einst als »marmorne Schädelstätte«. Doch kaum ein Autor habe so viel für die Vermittlung deutscher Kultur im Ausland getan wie der in der ganzen Welt bekannte Heine, meint der Tübinger Professor.
Nach dem Willen des Walhalla-Gründers König Ludwig I. sollen in der 1842 eröffneten Halle bei Donaustauf in der Nähe von Regensburg bedeutende Persönlichkeiten »teutscher Zunge« zusammenkommen.
»Wer aber hätte diese »teutsche Zunge« virtuoser beherrscht als Heine«, schreibt Borchmeyer in einem offenen Brief an Stoiber. Auch der 150. Todestag Heines (1797-1856) in diesem Jahr sei ein Anlass für eine Büstenaufstellung. Zudem habe der bekannte Künstler Jörg Immendorff aus Heines Geburtsort Düsseldorf bereits zugesagt, eine Plastik des Dichters zu schaffen.
Mit dem Schreiben an die Staatskanzlei hat Borchmeyer das geltende Verfahren für die Aufstellung von neuen Büsten in der Ehrenhalle umgangen. Eigentlich ist die Bayerische Akademie der Wissenschaften für die offizielle Empfehlung einer neuen Walhalla-Büste zuständig, die dann üblicherweise vom Wissenschaftsministerium an das Kabinett übermittelt und auch so beschlossen wird. Das Gremium hatte zu Beginn des Jahres den Naturwissenschaftler Gauß (1777-1855) auserkoren. Daraufhin machte die Akademie der Schönen Künste einen Gegenvorschlag.

Artikel vom 24.06.2006