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Bis 2006 hat die Stadt ihr Girokonto bereits um 225 Millionen Euro überzogen. Jetzt kommen noch einmal 41 Millionen hinzu.

Zu verteilen gibt es (fast) nichts

Rat verabschiedet Etat - Haushaltsausgleich 2010 möglich


Von Michael Schläger
Bielefeld (MiS). 2010 soll es soweit sein. Dann will die Stadt Bielefeld erstmals wieder nur soviel ausgeben wie sie auch einnimmt. 2006 klappt das noch nicht. Der aktuelle Haushalt, den der Rat am Donnerstag verabschiedete, weist einen Fehlbetrag in Höhe von 41 Millionen Euro aus. Doch schon das ist ein Erfolg, den sich die Etatkoalition aus CDU, SPD, Grünen und Bürgergemeinschaft auf die Fahnen schreibt. Ursprünglich war mit einem Minus von 58,4 Millionen gerechnet worden. Vor allem eine kräftiger sprudelnde Gewerbesteuer hat das verhindert. Jetzt kann ein neuer Anlauf für ein genehmigungsfähiges Haushaltssicherungskonzept genommen werden. Für die Stadt bedeutet das ganz praktisch: Sie erhält wieder mehr Handlungsfreiheit, steht nicht mehr unter dem Diktat des Nothaushaltsrechts.
Zu verteilen hatten die Politiker bei den Etatberatungen in den vergangenen Wochen wahrlich nicht viel. Eine Erhöhung der Kindergarten-Gebühren, als Folge von Landeskürzungen vorgeschlagen, oder der Entgelte für die Offene Ganztagsgrundschule lehnten sie ab. Für die Betreuung von Kindern unter drei Jahren wollen sie jährlich 500 000 Euro zur Verfügung stellen, auch in die weitere Schulbausanierung investieren. Gespart wird beim Personal. Die Personalausgaben sinken um 1,7 Prozent auf 142,6 Millionen Euro. Vor allem die Stelleneinsparungen als Folge der Bezirksamtsschließungen im Frühjahr schlagen dabei zu Buche.
Auch wenn es 2010 wieder gelingt, Einnahmen und Ausgaben auszugleichen, bleibt dennoch eine gewaltige Schuldenlast. Das »Girokonto« der Stadt wird bis zu diesem Zeitpunkt um 350 Millionen Euro überzogen sein. Schon bisher sind 225 Millionen »Miese« aufgelaufen.
Deshalb auch äußerten sich die Politiker im Rat zwar zufrieden, dass endlich eine Perspektive für die Stadtfinanzen erkennbar ist, wollen ihre Sparanstrengungen aber fortsetzen.
Vom »Licht am Ende des Tunnels« sprach Detlef Werner (CDU). Doch das Tunnelende werde nur erreicht, wenn die Fraktionen weiter größtmögliche Haushaltdisziplin bewiesen.
»Der städtische Etat ist ein Sanierungsfall«, meinte Hans Hamann (SPD). »Und wir sind erst am Beginn des Prozesses.« Frühestens in acht bis neun Jahren könne die Sanierung abgeschlossen sein.
Auf die von 2010 an verbleibenden 350 Millionen Euro Altschulden verwies auch Klaus Rees (Grüne). Der jetzt verabschiedete Haushalt sei nur ein erster, wenn auch wichtiger Zwischenschritt.
»Zum ersten Mal gibt es so etwas wie Hoffnung«, sagte Ralf Schulze (Bürgergemeinschaft). Die vier Fraktionen der Etat-Koalition hätten viel Disziplin beim Sparen und beim Geldausgeben bewiesen.
Kritische Töne gab es von Otto Sauer (FDP). Erreicht werden solle der Haushaltsausgleich im Jahr 2010 im wesentlichen über höhere Steuererwartungen, während die Ausgaben tatsächlich weiter stiegen.
Moderater fiel das Urteil von Armin Wenske (Bürgernähe) aus: »Unterm Strich nicht befriedigend, aber auf gutem Weg.« Aus Sicht von Barbara Schmidt (PDS) spiegele der Bielefeld Hauhalt den Grundsatz »Den letzten beißen die Hunde« wider. Bund und Land lüden Lasten auf die Kommune ab, die sie über Kürzungen an die Bürger weitergeben müsste.

Artikel vom 23.06.2006