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Drama im Tierpark: Drei
Wölfe sterben Wurmtod

Olderdissen: Hilfe für Nachwuchs kam zu spät

Von Gerhard Hülsegge
und Carsten Borgmeier (Foto)
Bielefeld (WB). Natur-Drama im Heimat-Tierpark Olderdissen: Fünf Wochen, nachdem eine Wölfin Nachwuchs bekommen hat, ist gestern auch das letzte der drei Jungtiere gestorben. Die Todesursache waren Spulwürmer, kleine Parasiten im Körper, die Darm, Leber und Lunge zersetzen.

»Es tut uns sehr Leid«, bedauerte Tierparkleiter Volker Brekenkamp (54) das Geschehen gestern im Gespräch mit dem WESTFALEN-BLATT. Es hatte seinen Anfang damit genommen, dass das Verhütungsmittel, das man der Wölfin verabreicht hat, nicht gewirkt hatte. So wurde sie läufig und trächtig. Gemeinsam mit ihrem »Partner«, dem einzigenweiteren Wolf im Gehege, sorgte sie sich liebevoll um den Nachwuchs, trug ihn von einer Stelle zur anderen.
Vergangenen Montagabend lagen dann plötzlich zwei der jungen Wölfe leblos im Gehege. Zunächst dachte man, der Wolfsvater habe die Jungen in einer Art »Übersprungshandlung« totgebissen. Die Diagnose im Staatlichen Veterinäruntersuchungsamt war indes eindeutig: Tod durch Spulwürmer!
»Wölfe haben ein ausgeprägtes Sozialverhalten. Deshalb waren wir bestrebt, das Geheck von Rüde und Fähe nicht zu stören«, erklärte Tierpark-Chef Brekenkamp, der auch Schilfmatten aufstellen ließ, um die Wolfsfamilie vor allzu neugierigen Blicken der Besucher zu schützen. So fiel ihm auch die Entscheidung nicht leicht, das dritte Jungtier von den Eltern zu trennen, um nachzuschauen, ob es wenigstens gesund ist. Zumal es auch nicht ganz ungefährlich ist, sich ihnen in der Prägungs- und Sozialisierungsphase zu nähern.
Tierpfleger Heinrich Thiessen, selbst ausgebildeter Tierarzt, wagte sich vergangenen Mittwoch dennoch ins Wolfsgehege. Dem Russlanddeutschen gelang es, sich den jungen Wolf mit Mut zu schnappen, ohne dass »Mutter und Vater Wolf« aggressiv reagierten. Tierärztin Dr. Susanne Kozik stellte bei dem kleinen Wolf ebenfalls den Befall mit Spulwürmern fest. Der Rüde litt bereits unter einem aufgedunsenen Bauch. Die Wurmkur, Aufbaupräparate und eine Vitaminspritze sollten ihm das Überleben sichern - vergebens.
Mit Wolfskot zur Neutralisierung der menschlichen Gerüche eingerieben, nahmen ihn seine tierischen Eltern zwar wieder auf. Die Hilfe kam indes zu spät. Gestern gegen 14.30 Uhr lag der letzte der drei jungen Wölfe tot im Gehege.
Die Wölfe und anderen Tiere in Olderdissen erhalten in der Regel viermal im Jahr eine Wurmkur. Die letzte erfolgte im April. Die vorbeugende Medizin wird normalerweise mit dem Futter verabreicht. Das ist bei jungen Wölfen aber nicht möglich. Brekenkamp: »Eier und Larven der älteren Tiere werden auch nicht immer erreicht, wandern dann weiter über das Muskelgewebe und können zum Beispiel über die Nabelschnur oder die Muttermilch abgegeben werden.« Vermutlich haben sich alle drei jungen Wölfe auf diese oder ähnliche Weise infiziert.
Wölfe wurden im Tierpark Olderdissen zuletzt 1994 geboren. Acht Stück an der Zahl. Drei wurden an einen Verhaltensforscher abgegeben, die restlichen fünf kamen in den Clever Zoo.
Über Nachwuchs an Tieren allgemein kann man sich auch in diesem Jahr in Olderdissen nicht beklagen. Unter anderem erblickten sechs Silberfüchse, vier Murmeltiere und ein Kolkrabe das Licht der Welt.

Artikel vom 23.06.2006