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»Ärztestreik an Kliniken stoppen«

Krankenhaus-Gesellschaft in NRW warnt vor Verlust von Arbeitsplätzen

Von Ernst-Wilhelm Pape
Bielefeld (WB). Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) hat die Ärztegewerkschaft Marburger Bund aufgefordert, auf Streikmaßnahmen in den 700 kommunalen Kliniken zu verzichten.

Die Forderungen des Marburger Bundes nach mehr Gehalt für die 70 000 Ärzte sei nicht finanzierbar und werde zu Lasten des Pflegepersonals gehen, sagte der Sprecher der Krankenhaus-Gesellschaft NRW (KGNW), Lothar Kratz, dieser Zeitung. Werde eine Berufsgruppe aus dem Vergütungsgefüge herausgenommen, sei der Betriebsfrieden in den Krankenhäusern auf Dauer gefährdet. Ferner komme es zu Mehrarbeit und zum Verlust von Arbeitsplätzen, da die Wirtschaftlichkeitsreserven ausgeschöpft seien.
Werde der Tarifvertrag für Ärzte an Unikliniken übernommen, rechnet zum Beispiel der Geschäftsführer des Kreiskrankenhauses Gummersbach (611 Betten, 140 Ärzte und 600 Pflegekräfte), Joachim Finklenburg, mit einem jährlichen Verlust von zwei Millionen Euro. Die Folge sei die Entlassung von 30 Beschäftigten. Der Geschäftsführer der Städtischen Kliniken in Bielefeld (460 Ärzte), Johannes Kramer, rechnet für sein Haus mit einer jährlichen Mehrbelastung von drei Millionen Euro. Kramer, der auch Präsident der KGNW ist, geht davon aus, dass vor allem kleinere kommunale Krankenhäuser in den Ruin getrieben würden.
In NRW gibt es 90 kommunale Krankenhäuser, an denen 7000 Ärzte beschäftigt sind. Hinzu kommen 317 freigemeinnützige Kliniken (69 Prozent sind in kirchlicher Trägerschaft) und 49 private Krankenhäuser. Die KGNW warnt vor einem Dominoeffekt, wenn sich der Marburger Bund durchsetze. Kratz: »Der Tarifabschluss würde auch von den freigemeinnützigen Häusern übernommen. Auch hier sind dann Kliniken in ihrer Existenz gefährdet.«
Nach Angaben von Kratz reicht der gesetzlich vorgesehene Budgetzuschlag von 0,2 Prozent jährlich zur Verbesserung der Arbeitssituation von Ärztinnen und Ärzten bei weitem nicht aus. Den bundesweit 2166 Kliniken würden jährlich nur 200 Millionen Euro und damit den 456 NRW-Krankenhäusern nur 50 Millionen Euro zu Verfügung stehen. Allein der Tarifabschluss der Tarifgemeinschaft der Länder mit der Gewerkschaft Verdi belastet die sechs Unikliniken in NRW bereits mit jährlich 30 Millionen Euro.

Artikel vom 23.06.2006