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Energie aus der Tiefe kühlt
und erwärmt

Erstes Erdsonden-Projekt bei CVK


Von Michael Diekmann
Bielefeld (WB). Die Sache ist dem Laien kompliziert zu erklären, basiert aber physikalisch auf einem einfachen Prinzip und sorgt im Neubau des CVK Verlagskontors demnächst für kühlen Kopf im Sommer und warme Füße im Winter. Bielefelds größte Erdsondenanlage und gleichsam erste Industrieanlage holt die Kraft, fast unbemerkt, aus 120 Metern Tiefe. »Dort ist es 14 Grad warm, zu jeder Jahreszeit, bei jedem Wetter«, erklärt Alexander Braun. Alle 100 Meter wird es in der Erde um drei Grad wärmer.
Der Diplom-Geologe der Firma Sadurski brachte in sechs Wochen die insgesamt 28 Bohrungen ein. Inzwischen sind nach Plänen und Berechnungen von Diplom-Ingenieur Christoph Rosinski die Sonden mit je zwei PE-Leitungen verlegt und im Erdreich eingepresst worden. Im Oktober, plant CVK-Geschäftsführer Horst Keplinger, soll das neue Logistikzentrum zwischen Kammerratsheide und Eckendorfer Straße ans Netz gehen.
Die Geothermieanlage übernimmt bei CVK für den Neubau 99 Prozent der Jahreswärmeenergie. Aus den 28 Bohrungen werden mittels Leitung in der speziell konstruierten Wärmepumpe 270 000 Kilowattstunden Wärmeentzug pro Jahr realisiert. Damit läuft im gesamten Komplex die Fußbodenheizung mit 30 Grad Vorlauftemperatur. Gleichzeitig werden der Erde mittels Sonden in 120 Metern Tiefe 78 000 Kilowattstunden Energie aus der Kühlung des Gebäudes zurückgegeben.
Etwa 400 000 Euro der insgesamt zehn Millionen Euro Baukosten entfallen auf die Erdwärmeanlage, die Bohrlöcher wurden nach geologisch exakten Berechnungen und Simulationen auf die Wärmeleitfähigkeit in dem 200 Millionen Jahre alten Tonboden aus dem Jura zugeschnitten. Dr. Manfred Dümmer (Umweltamt): »Nutzung der Erdwärme ist hochsensibel. Viele Umweltfaktoren wie Grundwasser und Strömungen müssen einbezogen werden.« Bei den Bielefeldern steht diese Form der Energiebeschaffung dennoch hoch im Kurs. Seit den zehn Anträgen von Privatbauherren 2004 hat sich die Anzahl auf mehr als 100 in 2006 rasant entwickelt.
Für den Betrieb der Anlage wird allein elektrische Energie benötigt. Damit komprimiert man ein Flüssigkeitsmedium im Wärmetauscher und gewinnt damit die Heizenergie. Im Fall CVK kommt der Strom nicht per Solar vom Dach, sondern aus der Steckdose. Verschnupft ist CVK-Chef Keplinger indes, weil die Stadtwerke das Vorzeigeprojekt nicht fördern: »Beihilfe gibt es nur für Privathäuser.« Für Nutzer wie CVK rechnet sich Erdwärme allemal: Geheimnis ist der Faktor 1:4. Für einen Teil Energieeinsatz, in diesem Fall 65 000 KW/h Strom, bekommt man 270 000 KW/h Wärmeenergie aus der Erde zurück.

Artikel vom 23.06.2006