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»Für so einen Job
muss man
geboren sein«

Togo-Trainer Otto Pfister im Porträt

Von Reinhard Saftig
Bielefeld (WB). Otto Pfister sprach schon von »seinen Buben« in Afrika, als wir 1979 in Köln zusammen die Ausbildung zum Fußballlehrer machten. Ich war 27, er 41 Jahre alt. Otto war immer eine schillernde Figur, seine Geschichten amüsant. Otto war weit herumgekommen, hatte als Trainer in Ruanda und Obervolta schon einiges erlebt und viel zu erzählen.

Es ist ihm damals sogar gelungen, andere aus unserem Lehrgang mit seinem Afrika-Enthusiasmus anzustecken: Peter Obermeier, Jochen Figge, der Botswana trainierte und Bernhard Schumm. Für mich kam das nie in Frage. Die Rahmenbedingungen müssen passen. Für den, der Familie hat, ist so ein Engagement in Afrika fast ausgeschlossen.
Das letzte Mal, dass ich Otto Pfister traf, war vor drei Jahren bei der U20-Weltmeisterschaft in den Vereinigten Arabischen Emiraten. Ich war als Scout von Borussia Dortmund dort, er als Trainer einer tunesischen Mannschaft. Es war beeindruckend, welchen Bekanntheitsgrad und welchen Stellenwert er genoss. Jeder schien ihn zu kennen, nicht nur die Leute aus Afrika, wo er große Erfolge feierte. Mit Ghana hatte Otto Anfang der 90er Jahre in Italien die U17-WM gewonnen. Sammy Kuffour war einer seiner Spieler.
Jetzt trainiert er Togo. Zu so einen Job muss man geboren sein. Es war für ihn schwer, der Mannschaft seine Handschrift zu geben. Dafür war zu wenig Zeit. Aber eine deutsche Handschrift wäre es sowieso nicht geworden. Otto ist in der Praxis kein deutscher Trainer mehr. Wer Afrikanern deutsche Tugenden nahezubringen versucht, der scheitert. Otto war es, der sich anpassen musste. Das war schon immer eine seiner großen Stärken. Er spricht perfekt französisch und englisch. Das ist in seinem Umfeld ein riesiger Vorteil. Dazu kommen seine offene Art und sein Fußballverstand. Er war einer derjenigen, die schon innovativ im Raum decken ließen, als andere noch das Spiel Mann gegen Mann bevorzugten.
Schade, dass es während dieser WM so viel Tohuwabohu um Togo gab. Es spricht aber eindeutig für Otto, dass er konsequent sagte: Es war zwar mein Traum, ein Team bei einer WM zu betreuen. Aber unter den gegebenen Bedingungen kann ich nicht arbeiten. Wer würde schon eine Mannschaft betreuen wollen, die wegen nicht gezahlter Prämien drei Tage lang nicht trainiert? Andererseits: Die Spieler wussten offenbar, was sie an Otto Pfister hatten. Sonst hätten sie sich nicht für seine Rückkehr stark gemacht. Auch das hat mich beeindruckt. Und auch das spricht für Otto.
Schade, dass wir uns bei dieser WM nicht gesehen haben, obwohl er mit Togo sogar in meiner Heimatstadt Dortmund spielte. Ich hatte ihn anrufen wollen. Aber wegen des ganzen Theaters habe ich mir gedacht: Lass es mal lieber. Ich nehme an, dass er nach dem Turnier direkt in die Schweiz fährt, um abzuschalten. Ich habe seine Nummer dort. Wenn sich der Trubel um Togo gelegt hat, werde ich mich mal bei ihm melden. Ich bin sicher, er wird wieder jede Menge zu erzählen haben.

Artikel vom 26.06.2006