26.06.2006 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Maxi-maler Genuss: Rodriguez
lässt die Gauchos spät jubeln

Argentinien nach 2:1 zuversichtlich fürs Viertelfinale gegen Deutschland

Von Klaus Lükewille
Leipzig (WB). Auf den Rängen winkten sie mit Fahnen, auf dem Rasen wirbelten die Spieler ihre Trikots wie Lassos durch die Luft. Blau-weiße Begeisterung und Erleichterung. Denn alle Argentinier wussten: Es hätte an diesem Abend auch schief gehen können.

Trainer José Pekerman musste erst einmal tief durchatmen: »Das war ein schweres Stück Arbeit. Diese Mexikaner machen ausgerechnet gegen uns immer ihre besten Spiele.« Seine Mannschaft brauchte die Verlängerung, um zu einem 2:1-Erfolg zu kommen. Hier wartet jetzt im Viertelfinale am Freitag Gastgeber Deutschland.
Doch Maxi Rodriguez, der im Zentral-Stadion des goldene Tor erzielte, kennt keinen Respekt: »Sicher, Deutschland ist ein harter Gegner. Aber wir müssen nur an uns selbst glauben, dann können wir bei dieser WM jeden schlagen.« In der 98. Minute hatte Rodriguez genug Selbstvertrauen, als er die Kugel zum 2:1 ins Netz setzte. Ein unhaltbarer Sonntagsschuss am späten Samstagabend: »Ich habe alles riskiert. Diese Bälle können auch auf der Tribüne landen.« Oder im Winkel, wie in Leipzig. Dieses Traumtor lässt die Argentinier weiter träumen. Der Angreifer Javier Saviola bläst schon zur nächsten Attacke: »Wir wollen den Titel. Unbedingt. Jetzt konzentrieren wir uns auf das Spiel gegen Deutschland.«
Halt, stopp. Nicht so schnell. Der Trainer wird die 120 Achtelfinalminuten sicher nicht sofort abhaken. Pekerman hatte nämlich neben einigen starken Momenten viele Schwächen gesehen. Denn im Zentral-Stadion wurde deutlich: Unschlagbar ist auch dieses Starensemble nicht. Die Mexikaner zeigten den Deutschen, wie Argentinien zu bremsen ist. »Sie haben uns immer wieder früh gestört; wir haben nie unseren Rhythmus gefunden«, bekannte Pekerman.
Mannschaftliche Gesamtkunstwerke, wie gegen Serbien-Montenegro, als eine Kombinationskette über 26 Stationen zum Torerfolg führte, waren diesmal nicht möglich. Denn der Trainer monierte auch, seine Elf sei manchmal zu verspielt aufgetreten. Oder zu überheblich? Zu siegessicher? Die Asse Hernan Crespo und Saviola stachen nicht, der zweite Sturm mit Carlos Tevez und Lionel Messi konnte sich auch nicht viel besser durchsetzen. Regisseur Juan Riquelme, Stutzen auf den Stiefeln, wurde früh müde und war in der Verlängerung nur noch ein Mitläufer. Dazu lieferten die Argentinier eine ungewöhnliche hohe Fehlerquote. So viele Ballverluste sind für diese technisch erstklassige Mannschaft ungewöhnlich.
»Die Mexikaner haben taktisch sehr geschickt gespielt; sie haben wenig zugelassen. Es war eine Zitterpartie mit einem für uns glücklichen Ausgang. Ein enges Match«, gab Crespo zu. Was Zahlen belegen. Im offiziellen FIFA-Protokoll steht hinter »Ballbesitz«: 51:49 für Argentinien. Hier hatte Mexiko nach 45 Minuten noch mit 52:48 vorn gelegen. Am Ende sind aber nur zwei Ziffern wichtig. 2:1. Ein Ergebnis, mit dem Pekerman natürlich sehr gut leben kann: »Klar, wir hatten einige Probleme. Aber ich glaube, wir haben den Sieg verdient - und vor allem unser Ziel erreicht: Wir stehen im Viertelfinale.«
Hier kommt es jetzt zum großen Duell in Berlin. Doch der argentinische Trainer sieht dieser Partie mit Gelassenheit entgegen: »Deutschland? Das wird ein weiteres sehr schweres Spiel. Aber bei einer WM ist das nun mal so, dass man nach jedem Sieg auf noch bessere Gegner trifft.« Wen er für die beste Mannschaft bei diesem Turnier hält, sagte Pekerman nicht. Aber dieser Hinweis war deutlich: »Der Erfolg gegen Mexiko stärkt uns, er lässt uns weiter wachsen. Ich bin zuversichtlich.« Klang wie ein Tipp. Weltmeister? Argentinien. Wer sonst?
Argentinien: Abbondanzieri - Scaloni, Ayala, Heinze, Sorín - Rodriguez, Mascherano, Cambiasso (76. Aimar) - Riquelme - Saviola (84. Messi), Crespo (75. Tevez)
Mexiko: Sánchez - Márquez, Osorio, Salcido - Méndez, Pardo (38. Torrado), Guardado (66. Pineda) - Castro, Morales (74. Zinha) - Fonseca, Borgetti
Schiedsrichter: Busacca (Schweiz)
Zuschauer: 43 000
Tore: 0:1 Márquez (6.), 1:1 Crespo (10.), 2:1 Rodriguez (98.)

Artikel vom 26.06.2006