04.07.2006 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

 n Der Mitbewohner...


...macht sich unbeliebt

Es ist ja nicht schlimm, wenn sich jemand nicht für Fußball interessiert. Selbst in Zeiten, wo (fast) die gesamte Nation Kopf steht, weil Poldi, Lehmann, & Co. grandiose Erfolge auf dem grünen Rasen feiern. Wir sind doch alle tolerant, oder?
Da ist Michael, eigentlich ein durchaus beliebtes WG-Mitglied. Er bringt hin und wieder leckere Kochrezepte auf den Tisch, hat stets im Blick, wann im Kühlschrank Joghurt, Bier und Käse fehlen. Und er weiß sogar, wo der Staubsauger und der Putzeimer stehen -Êund auf der Toilette setzt er sich auch hin. Alle in der WG haben Michael deshalb lieb -Êtschuldigung, sie hatten ihn lieb.
Denn da war jener Abend, als das WM-Spiel zwischen Deutschland und Polen anstand, knapp 15 in Deutschland-Fahnen gehüllte Männer und Frauen in der Wohnküche der WG vor dem Fernseher saßen und jede Aktion des deutschen Teams bejubelten. Kurz vor Schluss - die Spannung war auf dem Höhepunkt - blickten alle plötzlich entsetzt auf den schwarzen Bildschirm. Der Strom war weg! Deutschland schoss in der 90. Minute das Tor zum 1:0-Sieg - und nur die Nachbar-WG konnte lautstark jubeln. In der Wohnküche herrschte das große Schweigen. Bis Michael plötzlich in der Tür stand - da wurde es plötzlich sehr laut. Der Gute bekannte mit gewissem Bedauern in der Stimme, er habe eine Lampe in seinem Zimmer repariert und vorsichtshalber die Sicherung herausgedreht. Und die Fußballübertragung, die hatte er schlicht vergessen. Man kann ja nicht an alles denken... Stefan Schütt

Artikel vom 04.07.2006