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Pekerman zufrieden
mit dem Holland-Test

Argentinien hat beneidenswerte Alternativen

Von Klaus Lükewille
Frankfurt/Main (WB). Vor einem Jahr standen sie in Frankfurt im Confed-Cup-Finale. Argentinien wurde von Brasilien mit 4:1 demontiert.

Jetzt, bei der WM, soll dieses Stadion nur eine Durchgangsstation auf dem Weg zum großen Ziel Berlin gewesen sein: Die Argentinier sind der Favorit. Sie wollen den Titel. Und da muss eine Mannschaft ja nicht in jeder Partie weltmeisterlich auftreten, wenn auch ein Remis reicht.
Dem glanzvollen 6:0 gegen Serbien-Montenegro folgte nun das schmucklose 0:0 gegen die Niederlande. Doch kein Grund zur Besorgnis für Trainer José Pekerman: »Wir können nicht immer spektakulär spielen. Natürlich wollten wir auch diese Partie gewinnen, aber das geht nicht jedes Mal. Ich bin mit dem Ergebnis zufrieden. Es war ein guter Test.«
Bewegungs- und Bewährungstherapie, dazu gleichzeitig eine Beruhigungspille für zwei Angreifer, die in den ersten beiden Partien nur zweite Wahl waren. »Lionel Messi und Carlos Tevez haben ihre Aufgabe gut gelöst«, lobte der Trainer. Der Mann hat ein besonders stürmisches Luxusproblem: Vier Klasseleute für zwei Plätze - und dahinter steht mit Julio Cruz noch ein starker fünfter Mann. Der durfte in der Schlussphase kurz ran. Auf der Bank verfolgten zwei Argentinier besonders aufmerksam die Offensivattacken: Hernan Crespo und Javier Saviola. Sie sind im Moment die Stürmer 1a.
Pekerman sagte das in Frankfurt natürlich nicht öffentlich. Schon gar nicht drei Tage vor dem Achtelfinale gegen Mexiko. Er lächelte nur, als sie wissen wollten: »José, wer stürmt in Leipzig?« Die Antwort war - wie erwartet - verbindlich-unverbindlich: »Gute Frage. Aber zum Glück habe ich ja noch ein bisschen Zeit, um die Entscheidung zu treffen.« Dabei ist klar: Crespo und Saviola waren in den ersten 180 Minuten zu gut.
Die muss Pekerman wieder aufstellen. Messi, der gegen die Niederlande manchmal schon einen Tick zuviel zaubern wollte, und Tevez, der zum Spieler des Tages gewählt wurde, sind aber erstklassige Stellvertreter. Mit 19 (Messi) und 21 (Tevez) in jedem Fall die Stürmer der Zukunft. Denn Crespo ist schon 31, Saviola wird 27.
Argentinische Alternativen. Die hat der beneidenswerte Pekerman für alle Mannschaftsteile: »Ich habe viele gute Spieler mit nach Deutschland genommen.« Nur einen kann der Trainer nicht gleichwertig ersetzen: Juan Riquelme war auch in Frankfurt der Kopf des Teams. Als Regisseur soll er seine Elf gegen Mexiko zum Sieg führen. Die Südamerikaner gehen als klarer Favorit in dieses Duell.
Doch Pekerman will davon nichts wissen: »Mexiko hat eine sehr gute Mannschaft.« Und dann rasselte er gespielt ehrfurchtsvoll fast alle Namen runter: »Bravo, Pardo, Perez, Pineda, Fonseca, Marquez und Mendez, die sind alle erstklassig.« Dass er das selbst nicht glaubt, zeigte sein Gesichtsdruck. Die uralte Trainertaktik: Schwächere Rivalen müssen vorher stark geredet werden.

Artikel vom 23.06.2006