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VW-Stammwerk verliert
Scirocco an Portugal

Proteste bei »Auto 5000« - ein Jahr VW-Affäre

Wolfsburg (Reuters/dpa/ef). Volkswagen wird den für 2008 geplanten Nachfolger des in den 1970er Jahren beliebten Sportcoupes Scirocco in Portugal und nicht im Stammwerk Wolfsburg bauen lassen.

»Der Scirocco wird gebaut, und zwar in Portugal«, sagte VW-Markenvorstand Wolfgang Bernhard dem »Handelsblatt«. Im portugiesischen Setubal fertigt Volkswagen bereits das neue Cabriolet-Modell Eos sowie die Vans VW Sharan und Seat Alhambra, die bald auslaufen. Die zunächst geplante Vergabe des Scirocco an Wolfsburg scheiterte an Kostennachteilen. Momentan ist die größte VW-Fabrik nur zu 70 Prozent ausgelastet.
Die Entscheidung für Portugal macht deutlich, wie ernst es dem Vorstand in den aktuellen Verhandlungen mit der Gewerkschaft und dem Betriebsrat über Kostensenkungen an den westdeutschen Standorten ist. VW-Personalvorstand Horst Neumann hat unlängst mit der Verlagerung der Golf-Produktion ins Ausland gedroht, falls die IG Metall nicht auf die Forderung nach längeren Arbeitszeiten eingeht. Nur massive Kosteneinsparungen können nach Ansicht des Vorstands die Chancen der westdeutschen VW-Werke wieder erhöhen.
So sollen die Beschäftigten dort künftig wieder 35 statt 28,8 Wochenstunden arbeiten - ohne Lohnausgleich. VW stellt im Zuge seiner Neuordnung bis zu 20000 Arbeitsplätze in Frage.
Unterdessen sind 2000 Beschäftigte der VW-Tochter »Auto 5000« in Wolfsburg erneut in den Warnstreik getreten. Bei einer Kundgebung bekräftigten sie gestern ihre Forderung nach Einkommenserhöhungen von fünf Prozent. Angesichts der positiven Entwicklung beim VW-Touran - das Modell wird von den »Auto 5000«-Beschäftigten gebaut - sei die Forderung mehr als gerechtfertigt, argumentiert die IG Metall. Das Angebot der Arbeitgeber reiche nicht aus.
Ein Jahr nach Beginn der Affäre um angeblich gekaufte Betriebsräte und Lustreisen auf Unternehmenskosten befindet sich Volkswagen weiter in der Krise. Die Staatsanwaltschaft Braunschweig ermittelt inzwischen gegen 14 Beschuldigte wegen des Verdachts auf Untreue und Betrug oder Beihilfe dazu. Im Visier der Justiz sind sind auch der ehemalige Betriebsratschef Klaus Volkert und der langjährige, mächtige Arbeitsdirektor Peter Hartz.

Artikel vom 21.06.2006