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Airbus weiter unter Druck

Leasing: Milliardenauftrag in Gefahr

New York/München (dpa). Der europäische Flugzeugbauer Airbus sieht sich wegen der Produktionsprobleme bei seinem Prestigeprojekt A380 zunehmend unter dem Druck seiner Kunden. Gestern teilte die weltgrößte Flugzeugleasing-Firma International Lease Finance Corp. (ILFC) mit, sie erwäge, ihren Auftrag im Wert von 2,4 Milliarden Euro für zehn der Riesenflugzeuge A380 zu streichen.

ILFC-Finanzchef Steven Udvar-Hazy sagte der US-Wirtschaftsagentur »Bloomberg«: »Wir könnten streichen und ziehen eine Streichung des gesamten oder eines Teils unseres A380-Auftrags in Erwägung«. Nach seinen Angaben lasse es der Vertrag zu, die Vereinbarung ohne Strafen bei sechsmonatiger Verzögerung zu stornieren. Airbus habe der International Lease gesagt, dass die bestellten Flugzeuge zwölf bis 14 Monate später ausgeliefert würden als ursprünglich vereinbart. Dies könne dem A380-Konkurrenten Boeing Schwung geben, so der ILFC-Finanzchef. Er wollte nicht sagen, ob er die neue Version der 747 bestellen wolle.
Der A380-Startkunde Singapur Airlines hatte bereits in der vergangenen Woche durchblicken lassen, er könne Aufträge stornieren. Nach Angaben von Airbus-Sprecher David Voskuhl hat Airbus-Chef Gustav Humbert persönlich Kunden angerufen, um sie über die Verzögerung zu informieren. Abbestellungen gebe es nicht.
Wegen der Krise bei Airbus und dem Mutterkonzern EADS stellt Frankreich den Aktionärspakt beim europäischen Flugtechnikkonzern in Frage, in dem Franzosen und Deutsche ihre Anteile verbunden haben und ihren Einfluss bei Personal- und Strukturfragen austarieren. »Manche meinen, dieser Pakt gebe dem Staat nicht genug Macht, denn die operative Führung wird von den Industrieaktionären Lagardère und DaimlerChrysler sichergestellt«, sagte Wirtschaftsminister Thierry Breton in Paris. Er habe mit EADS-Aktionär und Verwaltungsrats-Co-Chef Arnaud Lagardère bereits über mögliche Änderungen beim Aktionärspakt und EADS-Management gesprochen.
Frankreich und Deutschland sollen nach dem Aktionärspakt im EADS-Kapital gleich stark vertreten sein. Die deutsche Seite wird vom privaten Konzern DaimlerChrysler mit 22,5 Prozent vertreten. Auf französischer Seite wird ein Anteil des privaten Medienkonzerns Lagardère von 7,5 Prozent mit einem 15-prozentigen Anteil des Staates gebündelt.
EADS hat Spekulationen um angebliche Rücktrittsforderungen der deutschen Seite gegen Co-Chef Noël Forgeard zurückgewiesen. Am Vortag war die Führungsspitze des Konzerns wegen der Produktionskrise bei der Flugzeugtochter Airbus zu einem Arbeitstreffen zusammengekommen. Neben Forgeard nahmen daran auch Co-Chef Thomas Enders und die Aktionärsvertreter Lagardère sowie Manfred Bischoff teil.

Artikel vom 21.06.2006