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Mit Rotkohl zu
Tode gestopft

17 Monate alten Justin misshandelt

Kaiserslautern (dpa). Eine Mutter soll ihren 17 Monate alten Sohn beim Füttern mit Rotkohl zu Tode gequält haben. Deshalb muss sich die 24-Jährige seit gestern vor dem Landgericht Kaiserslautern verantworten.

Die Staatsanwaltschaft wirft ihr vor, den kleinen Justin am ersten Weihnachtsfeiertag 2005 solange mit dem Gemüse voll gestopft zu haben, bis er in Todesgefahr geraten sei. Der Rotkohl hatte die Atemwege des Jungen verstopft, wenige Tage danach war er im Krankenhaus an den Folgen des Sauerstoffmangels gestorben. Die 24-Jährige und ihr mitangeklagter Freund schwiegen zum Prozessauftakt zu den Vorwürfen.
In den Tagen vor der Tat sei Justin bereits mehrfach misshandelt worden, sagte Staatsanwältin Anne Herrmann. So seien an den Beinen und am Kopf des Jungen Hämatome entdeckt worden. Wie genau es zu den Verletzungen kam, ließ die Staatsanwältin offen. Verbrennungen am Gesäß des Kindes seien darauf zurückzuführen, dass der Junge entweder in eine heiße Flüssigkeit oder auf eine Herdplatte gesetzt worden sei - »mit dem Ziel, Justin zu quälen«, sagte Herrmann.
Die 24-Jährige und ihr ein Jahr jüngerer Lebensgefährte sind wegen Körperverletzung mit Todesfolge angeklagt - im Falle des 23-Jährigen durch Unterlassen, weil er nicht gegen die Misshandlung mit Rotkohl eingeschritten sei, »obwohl er dazu in der Lage und verpflichtet gewesen wäre«, sagte Herrmann. Außerdem wird den beiden in zwei Fällen die Misshandlung von Schutzbefohlenen vorgeworfen. Wer von beiden letztlich die Misshandlungen vornahm, spielt bei der juristischen Bewertung laut Staatsanwaltschaft keine Rolle.
In den bisherigen Vernehmungen hatten die beiden die ihnen zur Last gelegten Taten bestritten. An Justin entdeckte Verletzungen hatten sie als dessen eigenes Verschulden dargestellt. So sei er wegen einer Fehlstellung der Füße ständig hingefallen.
Dass die 24-Jährige zum Prozessauftakt schwieg, begründete ihr Verteidiger mit einer »starken Vorverurteilung in der Presse«. Außerdem wolle man die ersten Zeugenaussagen abwarten. Der Prozess soll am Freitag fortgesetzt werden. Das Gericht hat zunächst acht Verhandlungstage bis Ende August angesetzt.
Erst vor wenigen Tagen war in Mecklenburg-Vorpommern ein ähnlich grausamer Fall von mutmaßlicher Kindesmisshandlung bekannt geworden. Ein vier Jahre altes Mädchen soll jahrelang von seiner Mutter gequält worden sein. Dem Kind war laut Staatsanwaltschaft mit Gewalt Essig- und Kalkreiniger eingeflößt worden.

Artikel vom 21.06.2006