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Dramatik zwischen den Tönen

Beethoven-Orchester Bonn beendet Reihe der Meisterkonzerte

Gütersloh (WB). Zwei große Werke von Ludwig van Beethoven standen auf dem Programm des zehnten und letzten Meisterkonzertes der Saison. Unter der glänzenden Leitung von Roman Kofman spielte das renommierte Beethoven-Orchester Bonn in der Stadthalle zunächst gemeinsam mit der georgischen Solistin Elisso Wirssaladze das Klavierkonzert Nr. 4 G-Dur. Nach der Pause folgte die Symphonie Nr. 3 Es-Dur.

Sowohl das Konzert für Klavier und Orchester Nr. 4 G-Dur op. 58 mit seiner Eröffnung durch das Soloinstrument als auch die unter dem Namen »Eroica« bekannte Symphonie Nr. 3 Es-Dur op. 55 mit ihren Normen brechenden rhythmischen Verschiebungen und variationsreichen Erneuerungen des musikalischen Themas galten zur Zeit Beethovens (1770-1827) als revolutionär. Die künstlerisch vollkommen eigenständige und sensibel ausgereifte Achtsamkeit der sanften Klaviereinleitung in dem das Klavierkonzert Nr. 4 eröffnenden Allegro moderato gelang Wirssaladze eindrucksvoll.
Nachdem sich das Beethoven-Orchester während seines anschließenden längeren Unisonoparts nicht wenig klangfreudig zeigte, setzte die Pianistin mit ihrem von hoher Musikalität geprägten Spiel neu ein. Dem unentwegt Begrenzungen überwindenden Charakter des Stückes konnte Wirssaladze in ihrer mit dem Orchester sich durchdringenden und auch rein solistischen Virtuosität gerecht werden. Dahinperlende Auf- und Abwärtsläufe mit anspruchsvollen Intervallfolgen wechselten sich mit feinfühligen Trillern und lyrisch untermalten Punktierungen ab.
Während des Dialogs der durch die melodische Sanftheit des Klaviers abgemilderten Herbheit des zunächst kompromisslos klingenden Orchesters im Andante con molto trug der reduzierte Dirigierstil von Roman Kofman entscheidend zur Dramatik zwischen den Tönen bei. Im »Rondo: Vivace« mit seinen sich ständig transformierenden Gegensätzen zwischen fröhlicher Verspieltheit und fester Struktur, zwischen Ernst und Ausbruch, brodelndem Chaos und neu aufkeimendem Feingefühl entsprachen sowohl die Orchestermusiker und der Dirigent als auch die Pianistin ihrem Spitzenklasseruf. Auch die hervorragende Interpretation des Orchesters mit großer Bläserbesetzung von Beethovens »Eroica« hatte bei den gut 700 Konzertbesucher keine Wünsche offen gelassen.
Der Beginn in den tiefen Tonlagen der Violoncelli und Kontrabässe wie die schnell aufbrausenden Crescendi ins große Unisono im Allegro con brio beeindruckten ebenso wie die rhythmischen Verschiebungen in den Reprisen im »Marcia funebre: Adagio assai«. Nicht nur die ersten beiden Sätze sondern auch das »Scherzo: Allegro Vivace« und das »Finale: Allegro molto« glänzten durch die vielseitig brillanten Bläser und die sowohl in leisen als auch machtvoll lauten Anschlägen eine hohe Präsenz erzeugenden Pauken. Die große Aufmerksamkeit des Auditoriums entlud sich nach dem die Symphonie abrundenden Fine des Orchesters in brausendem Applaus. Johannes Zoller

Artikel vom 21.06.2006