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Volksmund

»Man braucht einen Hohlkopf
nur mit Zement auszugießen - schon hat man ein Denkmal.«

Leitartikel
Ein Präsident und seine Zeit

Die Welt ist
voller kleiner
Geister


Von Rolf Dressler
George W. Bush, so scheint es, ist fast der gesamten Mit-Welt ein Dorn im Auge. Jedenfalls erweckt die veröffentlichte Meinung diesen Eindruck - und verstärkt ihn mit jedem Tag, den der US-Präsident, der wohl tatsächlich einflussreichste Politiker überhaupt, seine nationalen und internationalen Amtsgeschäfte führt.
Nimmt man das (Zerr-)Bild, das da gezeichnet wird, für bare Münze, dann hat der verflixte, ungeliebte Mann im Weißen Haus zu Washington (mindestens) zwei linke Unglückshände und dazu, schlimmer noch, zwei unzuträglich krause linke oder rechte Gehirnhälften. Denn folgt man dem, was da so alles über George W. Bush geschrieben und übel nachgeredet wird, dann macht er einfach alles falsch.
Niemand sollte in Abrede stellen, dass ihm und seinen Ratgebern politische und militärische Fehleinschätzungen unterlaufen sind. Namentlich die Operationen im Irak schüren vielerlei Zweifel. Aber erst mit diesen brachialen Mitteln konnte einer der übelsten Gewaltherrscher unserer Zeit, Saddam Hussein, gestürzt werden.
Und zum zweiten: Wann immer dieser US-Präsident die amerikanischen Truppen aus dem Irak in die Heimat zurückbeordert, garantiert wird die schnaubende Anti-Phalanx ihn lauthals dafür schelten, den Zeitpunkt gänzlich falsch gewählt zu haben.
Nun aber raubt derselbe Geor- ge W. Bush seinen Widerstreitern gar mit einem einzigen Federhalter-Strich die Fassung.
Da erklärt doch, man denke, ausgerechnet der angeblich total durchgeknallte Öko-Rowdy und Umwelt-Fiesling an der Spitze der Welt-Führungsmacht USA das gesamte nordwestliche Hawaii-Insel-Paradies zum mit Abstand größten Meeresschutzgebiet der Erde. Es ist 2260 Kilometer lang und misst an Fläche mehr als un- ser heutiges, wiedervereinigtes Deutschland, beherbergt gut 7000 Tierarten, von denen viele nur dort leben, darunter die Mönchsrobben und die legendären Grünen Meeresschildkröten, sowie wundervolle, einzigartige Korallenriffe.
Eigentlich müsste George W. Bush dafür Beifall und Dank von allen Seiten zuteil werden, nicht nur von den zunächst offenbar völlig verblüfften Umweltschutz-Aktivisten im eigenen Land. Doch zu solcher Souveränität sind die meisten Bush-Dauerkritiker und -Verflucher zumal hier in Deutschland und Europa traditionell weder willens noch fähig.
Stattdessen wird's grotesk bis armselig. Sichtlich gequält billigt man George W. Bush zwar zu, dass er sich legalerweise auf ein hundert Jahre altes »Gesetz zum Schutz nationaler Altertümer« berufen konnte, als er die Kleinen Haiwaii-Inseln mit seiner Unterschrift zum weltgrößten Meeresschutzgebiet erklärte. Aber der angeblich so unpassend »Trickreiche« (»Frankfurter Rundschau«) habe »im Alleingang« und ohnehin nur auf Druck seiner Ehefrau Lau- ra gehandelt« (Original-Quenglerton »Süddeutsche Zeitung«).
Es bleibt dabei - leider: Die Welt ist voller kleiner Geister.

Artikel vom 21.06.2006