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Eine Sache der Einstellung
Lenker und Sattel müssen am Fahrrad »zusammenarbeiten«
Selbst Rennradprofis und eingefleischte Tourenfahrer schmerzt es bisweilen beim Radeln. Bei Rücken- oder Gesäßschmerzen gilt: Sattel und Lenker müssen individuell ausgewählt und eingestellt werden.
Ein und derselbe Sattel kann sich durch eine geänderte Lenkerposition vom »Fakirsitz« zum Komfortwunder verwandeln: »Bei Tests konnten wir feststellen, dass die Komfortbewertung eines Sattels in unterschiedlichen Fahrpositionen stark variiert. Verantwortlich dafür ist die Lenkerposition«, weiß Professor Ingo Froböse von der Deutschen Sporthochschule Köln. »Wer den Sattel von Jan Ullrich mit der Haltung auf einem Hollandrad kombiniert, wird zwangsläufig Schmerzen haben«, sagt Froböse.
»Der Lenker muss zum Fahrradtyp passen. Nicht nur stilistisch, auch ergonomisch«, weiß Rolf Häcker vom Fahrradlenkerspezialisten Humpert. »Wir empfehlen bei einer sportlichen Fahrposition lange, schmale und straffe Sättel«, erklärt Ralf Klagges vom Reiseradspezialisten Utopia. »Sollte ein Kunde einen Rennsattel mit einem sehr aufrechten Lenkerarrangement im Konfigurator kombiniert haben, haken wir nach.«
Rolf Häcker sieht die Lösung in einem perfekten Zusammenspiel von Lenkerposition und -form mit der richtigen Sattelform und -position. »Eigentlich kann man keinen Lenker auswählen, ohne seine exakte Sitzposition zu kennen«, ist er überzeugt. Und das gelte auch umgekehrt: »Bevor man seine Lenkerposition nicht gefunden hat, ist die Sattelfrage auch nicht zu klären.« Letztlich müsse man beide Einstellungen im Wechselspiel vornehmen, empfiehlt auch Sport-Professor Froböse.
Im Zweiradhandel gibt es inzwischen Komponenten, die dieses »Suchverfahren« spürbar vereinfachen und verkürzen. Winkelverstellbare Vorbauten zum Beispiel, die sich werkzeugfrei verstellen lassen. »Mit diesen Vorbauten kann man auch unterwegs und ohne Werkzeug die Position optimieren«, weiß Häcker. Der Q.A.S.-Vorbau von Humpert (ab 35 Euro) beispielsweise, der im Herbst 2005 einen Eurobike Design Award gewonnen hat, verfügt sogar über zwei Gelenke und eine separate Lenkerklemmung: Das vereinfacht das Handling und schützt vor gefährlicher Kerbung im Klemmbereich des Lenkers, welche die Festigkeit des Lenkerbügels einschränken kann.
Noch mehr Variationsmöglichkeiten bietet die Kombination eines solchen Vorbaus mit einem winkelverstellbaren Lenker. So kann jedes Fahrgefühl - vom entspannten Hollandrad-Feeling bis zur sportlichen, langgestreckten Haltung - eingestellt werden.
Trotz der technischen Entwicklung und wachsender Sensibilität für die Zusammenhänge, sieht Professor Ingo Froböse jedoch keine schnelle Besserung. Schuld daran sind die Radler selbst. Einer Studie der Deutschen Sporthochschule Köln (DSHK) zufolge klagen zwar 70 Prozent der Alltagsradler über Schmerzen beim Radfahren - doch fast 60 Prozent der Befragten (1003) unternehmen nichts, um die Beschwerden zu reduzieren. Unverständlich und unnötig, findet Froböse: »Denn das Wissen und die richtigen Produkte für komfortables Radfahren sind vorhanden.«

Artikel vom 15.07.2006