20.06.2006 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Gammelfleisch: neue Ermittlungen

Neun Strafverfahren gegen Firmenchefs im In- und Ausland eingeleitet

Von Ernst-Wilhelm Pape
Essen (WB). Im bundesweiten Gammelfleisch-Skandal hat die Staatsanwaltschaft Essen neue Ermittlungen gegen Verantwortliche von insgesamt neun Fleischfirmen eingeleitet.

Den Firmenchefs werden Verstöße gegen das Lebensmittelrecht vorgeworfen. Bei den betroffenen Firmen handelt es sich um Kunden des Fleischgroßhändlers Uwe D. aus Gelsenkirchen, gegen den die Staatsanwaltschaft Essen seit November 2005 wegen gewerbsmäßigen Betruges sowie Straftaten nach dem Lebensmittelrecht ermittelt. Die Firmen sollen verbotenerweise so genanntes Stichfleisch von D. gekauft und in den Handel gebracht haben, sagte Oberstaatsanwalt Willi Kassenböhmer dieser Zeitung. Stichfleisch gehöre zu der Kategorie von Schlachtabfällen, die nicht als Lebensmittel verkauft werden dürften. Stichfleisch wird beim Schlachten stark durchblutet und kann deshalb hoch mit Keimen belastet sein.
Der unter Gammelfleisch-Verdacht stehende Großhändler Uwe D. soll 70 Betriebe in 13 Bundesländern mit 350 Tonnen Fleisch beliefert haben. Ferner wurden knapp 200 Tonnen in einen Betrieb in Spanien, einen Betrieb in Tschechien, zwei Betrieben in Dänemark und vier Betrieben in den Niederlanden geliefert.
Die neuen Ermittlungen richteten sich gegen Verantwortliche von vier Betrieben in den Niederlanden und Tschechien sowie gegen fünf Betriebe in Deutschland. Die ausländischen Strafverfolgungsbehörden seien bereits unterrichtet worden, sagte Oberstaatsanwalt Kassenböhmer.
Nach Informationen dieser Zeitung befinden sich die deutschen Firmen in NRW (Gladbeck), Hamburg und Niedersachsen (Vechta, Braunschweig und Steinfeld). Aufgrund der Geschäftsbeziehungen zu dem unter Gammelfleisch-Verdacht stehenden Großhändler aus Gelsenkirchen sind betroffene Fleischfirmen bereits gezielt nach Unterlagen über die Stichfleischlieferungen durchsucht worden. Es wurde Beweismaterial sichergestellt.
Größter der unter Verdacht stehenden Abnehmer von D. war mit 52 Tonnen das Unternehmen im niedersächsischen Vechta. Die Braunschweiger Firma erhielt 27,7 Tonnen Fleisch, die Gladbecker 3,1 Tonnen, die Hamburger 2,9 Tonnen und die Steinfelder Firma zwei Tonnen Fleisch.

Artikel vom 20.06.2006