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Das Spektakel der Literaten

Bachmann-Wettbewerb zum 30. Mal

Von Irmgard Schmidmaier
Klagenfurt (dpa). Tränen, Blut und jede Menge Worte: Das Wettlesen um den Ingeborg-Bachmann-Preis ist eines der spektakulärsten Foren für Literatur im deutschsprachigen Raum.
Bei ihm irrte die Jury: Autor Arno Geiger.Foto: dpa
Junge Talente hoffen auf eine Eintrittskarte ins literarische Establishment, etablierte Autoren wollen es noch einmal wissen und stellen sich den öffentlichen Jurydebatten. In seinem 30. Jahr ist der Wettbewerb aller Kritik zum Trotz längst zur festen literarischen Institution geworden. Ein wenig zu gefestigt, finden manche Beobachter. Denn spektakuläre Auftritte sind selten geworden bei dem dreitägigen Wettbewerb.
In stetem Wechselspiel gerieten im Laufe der Jahre mal die Qualität der Texte, mal die Jury selbst ins Kreuzfeuer. Da wurde bemängelt, dass kaum ein Unterschied im literarischen Niveau zwischen dem Wettbewerb und der »Häschenschule«, dem begleitenden Literaturkurs für junge Talente auszumachen sei. In der Tat gab es Jury-Debatten, die nach fünf Minuten zu Ende waren.
Daraufhin wurde das Reglement dahingehend geändert, dass nur mehr Autoren zugelassen wurden, die bereits Texte veröffentlicht hatten. Ein anderes Mal wieder gerieten die Kritiker unter Beschuss, wenn die Debatten in ein akademisches Oberseminar mündeten.
Fehlende Schärfe in einem Jahr, wo selbst schwache Texte noch freundlich gelobt wurden, wechselte mit unangemessener Schärfe im nächsten Jahr, wenn eben noch siegessicheren Teilnehmern angesichts vernichtender Urteile die Tränen in die Augen stiegen. Auch Fehlurteile muss sich das Klagenfurter Rund vorwerfen lassen: Arno Geiger etwa, der mit seinem Romanauszug 2004 bei der Jury durchfiel, erhielt für das fertige Werk »Es geht uns gut« ein Jahr später in Frankfurt/Main den ersten Deutschen Buchpreis.
Ebenso heimste Juli Zeh, die dem Literatur-Ring 2004 arg zerzaust entstieg, für das veröffentlichte Werk später viel Lob von Kritik und Publikum ein.

Artikel vom 20.06.2006