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Lagerbäck denkt nur
noch an Deutschland

Gruppe B: Bei Standards sind die Schweden gefährlich

Köln (WB). Wie sie kämpften. Und wie sie rannten, die Engländer und die Schweden. Deutlich war zu sehen: Deutschland hatte ihnen Beine gemacht. Denn beide wollten dem Gastgeber unbedingt davonlaufen.

Als England mit dem 2:2 dieses Ziel schließlich erschöpft erreicht hatte, gab Trainer Sven-Göran Eriksson seinem Landsmann Lars Lagerbäck mit auf den Weg nach München: »Wirf sie raus!« Dabei lächelte er, der schwedische Fußballdenker. Und ab sofort hat Lagerbäck nur noch eines im Kopf: Wie können wir uns gegen die Deutschen im Achtelfinale durchsetzen? Die Hausherren haben ihn stark beeindruckt: »Sie werden von Spiel zu Spiel immer besser. Und sie haben dieses begeisterte Publikum im Rücken.«
Darum dachte Lagerbäck während der 90 Minuten von Köln: Bloß nicht Deutschland! Und deshalb gab es in der Halbzeitpause eine lautere Ansprache - eigentlich gar nicht sein Stil: »Ich forderte meine Mannschaft auf: Mehr Einsatz, mehr Konzentration, bitte. Wir müssen gewinnen, wenn wir auf den leichteren Achtelfinalgegner treffen wollen.« Seine Spieler hörten genau zu und hätten den Befehl fast ausgeführt.
Schweden war nach dem Wechsel klar besser. »Leider hat es nur zum Unentschieden gereicht«, ärgerte sich Marcus Allbäck. Der Angreifer, der auch schon für Hansa Rostock in der Bundesliga stürmte, egalisierte die Pausen-Führung von Joe Cole mit einem sehenswerten Kopfball. Ein Triumph für das Drei-Kronen-Team lag in der Luft, denn vor allem bei hohen Bällen herrschte im Strafraum der Engländer immer Alarmstufe eins. »Da hatten wir große Probleme«, bekannte John Terry. Ja, mit Standardbällen erreichen diese Schweden einen äußerst hohen Standard.
Und noch eine Stärke: Sie geben nicht auf. Nie. Denn das 2:1 von Steven Gerrard glich Henrik Larsson in der Schlussminute aus. Wie? Natürlich wieder nach einer Standardsituation. Ein Einwurf, der zur Flanke wurde. Der Torschütze stellte fest: »Wir konnten zwar das Duell gegen Deutschland nicht mehr vermeiden, aber dieses 2:2 zeigt, dass die Mannschaft sehr viel Moral hat. Warum sollen wir uns vor dem Gastgeber fürchten?«
Unerschrocken waren die Schweden schon immer. Eine Auswahl mit kantigen Kerlen und Klassekickern wie Larsson und Fredrik Ljungberg. Ein Ass konnte gegen England nicht stechen: Zlatan Ibrahimovic ist verletzt; hinter seinem Einsatz im Achtelfinale steht ein Fragezeichen. »Er ist ein wertvoller Mann, der Spiele allein entscheiden kann«, sagte Lagerbäck. »Ich weiß nicht, ob er bis Samstag fit wird.« Das hofft aber Ibrahimovic' Stellvertreter Allbäck. Und das zeigt den Teamgeist der Schweden, denn Allbäck war nur durch den Ausfall des Juventus-Stars in die erste Elf gerutscht: »Zlatan hat gefehlt. Ich wünsche uns allen, dass er gegen Deutschland auflaufen kann.«
Deutschland ist für Lagerbäck Thema Nummer 1. Seine Erklärung nach dem Abpfiff (»Es ist zu früh, um sich über das nächste Spiel Gedanken zu machen«) nimmt ihm keiner ab. Der Trainer denkt nur noch an Deutschland. Nicht nur in der Nacht.

Artikel vom 22.06.2006