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Kämpfte Robin Hood
gar nicht in Sherwood?

Archäologen wollen Schloss des Helden gefunden haben

London (dpa). Errol Flynn hat ihn gespielt und auch Lex Barker versuchte sich als Robin Hood. Kevin Costner hatte Erfolg als »König der Diebe«. Es gibt unzählige Bücher, Comics, TV-Serien, Theaterstücke und Filme über Englands bekanntesten Volkshelden - nun sollen sie alle in einigen wesentlichen Punkten falsch sein.
Robin Hood (mit Bogen) in einer zeitgenössischer Darstellung.

Vor allem die Geschichten mit Robin und dem bösen Sheriff von Nottingham könnten so kaum stimmen, sagen Archäologen und Historiker der Universität in der Silber- und Messermetropole Sheffield. Robin hätte nämlich bei dem Versuch, sich immer wieder mit dem Sheriff von Nottingham anzulegen, größte Transportprobleme gehabt.
Zwei Tagesritte von Nottingham entfernt haben nämlich die Forscher in dem Dorf Bolsterstone am Stadtrand von Sheffield Ruinen eines kleinen Burgschlosses ausgegraben, das sie für das einstige Heim des legendären Bogenschützen halten. Der Sherwood Forest, in dem Robin reiche Reisende um Taler für die Armen erleichtert haben soll, liegt fast 90 Kilometer von seinem mutmaßlichen Wohnort entfernt. Für damalige Verhältnisse einfach ein zu langer Weg zur Arbeit.
Steve Moxon, der Leiter des Archäologenteams, ist sicher, dass die kürzlich freigelegten Fundamente in Bolsterstone in der lieblichen Landschaft des Pennines-Mittelgebirges Reste des Sitzes jener Adelsfamilie sind, der Robin Hood entstammte. Genau hier und nicht dort, wo Tausende von Touristen seinen Spuren nachgehen, soll Großbritanniens Störtebeker gewohnt haben. Nach dem, was Moxon und seine Leute nun stark vermuten, aber noch nicht wirklich beweisen können, war der Erstbesitzer des Schlösschens in Bolsterstone ein Edelmann namens Waltheof, seines Zeichens Earl of Huntingdon. Über ihn berichteten Geschichtsschreiber, er habe zu den mutigsten Kämpfern gegen die normannischen Eroberer gehört.
Zwei Revolten hatte Waltheof gegen die Normannen angefacht. Nach der zweiten wurde er 1076 im Alter von gerade mal 30 Jahren hingerichtet. Der Earl soll einen Sohn namens Robert zurückgelassen haben, einen herausragenden Bogenschützen, der später als Robin Hood bekannt geworden sei.
»Natürlich war Robin Hood vor allem eine Figur aus der Sagenwelt«, räumt Forscher Moxon ein. »Doch Waltheof war nun einmal die Inspiration für die Ballade über den Tod des Mannes namens Hood und die später im 15. Jahrhundert darauf aufbauende Prosa.«
Bei den Stadtvätern von Nottingham sorgt diese Vorstellung für Angstschweiß. »Wir prüfen das jetzt alles und erarbeiten eine fundierte Stellungnahme.« Die Reaktion ist nicht verwunderlich. Es geht um viel Geld, das Robin-Hood-Touristen künftig zwei Tagesritte entfernt von Nottingham in der Gegend von Sheffield ausgeben könnten.

Artikel vom 20.06.2006