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Harte Kritik an
Großer Koalition

Wirtschaft beklagt mangelnden Mut

Berlin (dpa). Die Wirtschaft verliert die Geduld mit der Großen Koalition. Der fehlende Mut von SPD und Union zu großen Reformen sei »erschütternd«, sagte der Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI), Jürgen Thumann.BDI-Präsident Jürgen Thumann verlangt Reformen.

Es entstehe der Eindruck, der gemeinsame Nenner der Regierung sei eine Null. Angesichts der bislang folgenlosen politischen Debatte frage er sich, »worauf warten die Regierungspolitiker eigentlich?«
Der BDI-Chef kritisierte die Rolle von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Die Industrie sei über ihr widersprüchliches Verhalten beim Gleichstellungsgesetz oder beim Bürokratieabbau irritiert. Unmut äußerte Thumann indirekt auch an Bundeswirtschaftsminister Michael Glos (CSU). »Ich bin der Meinung, kein Mitglied des Kabinetts kann sich hinter dem Kabinett verstecken.«
Nachdem die Unternehmen durch Produktionsverlagerungen ihre Kosten in den Griff bekommen hätten, sei nun die Regierung am Zug. »Die gute konjunkturelle Entwicklung bietet Rückenwind für Reformen«, sagte Thumann im Vorfeld des BDI-Industrietages, zu dem heute die Spitzen aus Politik und Wirtschaft in Berlin erwartet werden.
Werden die Reformen rasch umgesetzt, hält der BDI trotz der höheren Mehrwertsteuer auch 2007 ein Wirtschaftswachstum von etwa zwei Prozent für möglich. Die Grundstimmung der Unternehmen sei so gut wie seit der Wiedervereinigung nicht mehr. Die Industrieproduktion werde 2006 um fast vier Prozent anziehen, die Weltwirtschaft boome. Die Firmen könnten deshalb auch höhere Zinsen verkraften. Blieben die Reformen aus, könnte das Wachstum 2007 auf ein Prozent einbrechen.

Artikel vom 20.06.2006