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Die Knutschkugel mit Rucksack

Installateurmeister Klaus Herzigs seltene Isetta feiert den 50. Geburtstag

Von Michael Diekmann
und Carsten Borgmeier (Fotos)
Bielefeld (WB). Die Isetta hat nicht nur eine Ladefläche, sondern auch einen Dickkopf, vermutet ihr Besitzer angesichts des Vorführeffekts: »Wie damals, als ich die Eltern zur Goldhochzeit kutschieren wollte, sie keinen Mucks sagte.« Klaus Herzig liebt den Oldtimer trotzdem. Die einzige Isetta mit Pickup-Nachbau ist in Hillegossen ein Knüller.

Herzig (51) kann in diesen Tagen ein Doppeljubiläum feiern. Auf den Tag ist die weiße Isetta doppelt so alt wie der Meisterbetrieb, mit dem sich der Bielefelder in 25 Jahren mehr als 500 treue Privatkunden als Klempner des Vertrauens und Heizungsmann vom Fach erarbeitet hat. Herzig, gebürtiger Oerlinghauser und schon als Berufsschüler Jahrgangsbester seiner Zunft, gilt mit Mitarbeiter Andreas Renner als so genannter »Einzeltäter«. Nicht ohne Stolz wirbt der pfiffige Installateur deshalb damit, alle Aufgaben selbst zu erledigen: »Wer bei uns anruft, hat immer den Chef persönlich dran.«
Mit der Isetta ist das anders. Mit der fährt Herzig nicht auf die Baustelle, nur zur Angebotsabgabe. Dafür nimmt sie Ehefrau Angelika manchmal für die Fahrt zur Arbeit, berichtet von reihenweisen Menschen mit offenen Mündern und staunendem Blick, wenn sie den Winzling von 2,20 Metern Länge mit dem imposanten Holzkasten an der Ampel bestaunen. Für jüngere, lacht Herzig, ist ja eine Isetta überhaupt schon eine Sensation, wir fuhren damit in die Ferien zu viert. Die 85 Sachen Höchstgeschwindigkeit, fordert die Betriebsanleitung, dürfen nur kurzfristig abgerufen werden, um Verkehrsbehinderungen zu vermeiden.
Wohl wegen dieser Kindheitserlebnisse kam Herzig vor 18 Jahren zur Isetta. Gut 13 Jahre stand sie herum, dann schnurrte das Motörchen mit dem Viertelliter Hubraum wieder (»Wenn es will«). Eigentlich hatte Herzig den Wagen von Vater Alfons haben wollen, aber der tauschte seine Isetta damals gegen ein richtiges Auto. Wäre da noch die Sache mit der Ladefläche. Die baute ein Isetta-Spezialist nach Werksplänen originalgetreu auf das Heck der knatternden Knutschkugel. Herzig: »Nur in England hatte es den Renner als Pickup in den Fünfzigern ab Werk zu kaufen gegeben.« Wie die Fahreigenschaften des 360-Kilo-Wägelchens aber mit den erlaubten 200 Kilo Zuladung sind, haben Herzigs noch nicht ausprobiert: »So schwer ist kein Picknick-Korb...«

Artikel vom 17.06.2006