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Berliner
Luft
geschnuppert
von
Friedrich-Wilhelm
Kröger


Man weiß nie, wie dieser WM-Ball drauf ist. Der gehorcht auch nicht immer aufs Wort. Manchmal kugelt er sich so komisch, dass ihn auch seine versiertesten Befehlsgeber nicht bändigen können. Bislang hatten ihn die Deutschen in München und Dortmund auf dem Fuß. Sie waren nicht so richtig einverstanden mit der Pille und erwarten heute kaum, dass die Berliner Luft ihr besser bekommt.
Vor allem ihr Torwart mag den Ball gar nicht. Jens Lehmann findet ihn flatterhaft, das ist schon bei Menschen nicht immer ideal. Teamkollege Torsten Frings hält ihn für abweisend. An den Schuh mag er sich nicht anschmiegen. Deswegen bleiben die Spieler gelegentlich im Rasen hängen, der zuerst als genauso so stumpf beschimpft wurde wie der Ball. Aber wenn er perfekt erwischt wird, kann man ihn auf seiner Umlaufbahn verfolgen und die Arme hochwerfen. Auch Frings hämmerte das eigenwillige Spielutensil gegen Costa Rica schon in den Torwinkel. Der Bremer möchte ihn ja auch nicht übermäßig schlechtreden, und ganz genau weiß Frings auch nicht, was er dem runden Ding vorwerfen soll: »Was sagt man schon über einen Ball? Ist ja auch noch von unserem Sponsor.«
Für jede Partie liegen 15 Bälle bereit, auf denen der Spielort vermerkt ist, das Datum, und welche Mannschaften ihn treten. Es könnte sein, dass der Spieler Frings eine dieser Kirschen der Marke »Teamgeist« als Erinnerungsstück eingesackt hat. Die FIFA ist ihm zwar drauf gekommen, bis jetzt rückt er aber nicht heraus mit der Sprache, ob der Weltverband ihm dieses Schnäppchen durchgehen ließ.
Wer sich beim deutschen Training hinter dem Zaun postiert, kann auch Glück haben, mal an den Ball zu kommen. Neulich jagte ihn David Odonkor in einen angrenzenden Reitpark. Die Souvenirjäger rannten nicht schnell genug. Das Ordnungspersonal war auch da zur Stelle.

Artikel vom 20.06.2006